Türkischer Spion in Deutschland: Kurden im Visier?
Die Bundesanwaltschaft hält Mehmet Fatih S. für dringend tatverdächtig. Ein Verband erhebt weitere Vorwürfe: Plante er ein Mordkomplott?

Am Donnerstagabend war der 31-Jährige von einer Spezialeinheit des BKA in Hamburg festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft hält ihn für „dringend verdächtig“, im Auftrag des türkischen Geheimdienstes MIT sowohl einzelne Menschen als auch kurdische Einrichtungen ausgekundschaftet zu haben.
Der Demokratische Gesellschaftskongress der KurdInnen in Europa (KCDK-E) erhebt allerdings noch weitaus heftigere Vorwürfe. Danach soll Mehmet Fatih S. „als professioneller Auftragsmörder nach Europa geschickt“ worden sein. Getarnt als Journalist eines kurdisch-türkischen Fernsehsenders soll es nicht nur seine Aufgabe gewesen sein, „kurdische Organisationen zu überwachen“, sondern auch „kurdische Politiker zu töten“.
Laut KCDK-E soll Mehmet Fatih S. zu einem dreiköpfigen Team gehört haben: „Eine Person sammelt Informationen, eine hat die Funktion des Auftragskillers und eine dritte Person leitet das Team.“ Konkret hätten es die Häscher Erdoğans abgesehen auf Yüksel Koç, den in Bremen lebenden Kovorsitzenden des KCDK-E, und auf Remzi Kartal, in Brüssel wohnender Kovorsitzender des Volkskongresses Kurdistans.
Die Angaben des als PKK-nah geltenden Verbandes basieren auf den Aussagen einer Zeugin aus dem unmittelbaren persönlichen Umfeld des Beschuldigten. Die Frau, die sich mittlerweile in einem Zeugenschutzprogramm befinden soll, untermauerte sie mit zahlreichen Dokumenten, die auch der Polizei übergeben wurden.
Bereits Mitte November hatte die taz über die ungeheuerlich klingenden Anschuldigungen berichtet. Damals hatte die Staatsanwaltschaft Bremen gerade die Ermittlungen an die Bundesanwaltschaft abgegeben. Warum es erst jetzt zum Zugriff kam, ist unklar. Ebenso wollte die Bundesanwaltschaft auf Nachfrage keine Auskunft darüber geben, was sie von dem Mordkomplottvorwurf hält.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!