Türkischer Journalist im Exil: Die Luft wird dünner
Der Journalist Ragıp Zarakolu lebt im schwedischen Exil. Nun tauchte er auf einer in türkischen Regierungsmedien verbreiteten Auslieferungsliste auf.
Der heute 74-jährige Journalist, Buchautor und Verleger wurde bereits in den 70er Jahren für seine Artikel und seine Kontakte zu Amnesty International kurzzeitig in den Knast gesperrt, was sich nach dem Militärputsch 1980 noch einmal wiederholte. Dennoch engagierte er sich unermüdlich für die Meinungsfreiheit, sowohl im internationalen PEN als auch im türkischen Verlegerverband und mit der Gründung einer wichtigen türkischen Menschenrechtsorganisation.
Dass er jetzt seit Jahren in Schweden im Exil lebt und auch noch auf einer in türkischen Regierungsmedien verbreiteten Liste von Leuten auftaucht, deren Auslieferung die Erdoğan-Regierung angeblich fordert, hat vor allem mit seinem Eintreten für die Rechte der kurdischen Minderheit zu tun. Seine Publikationen zur Kurdenfrage waren unproblematisch, solange Erdoğan noch versuchte, mit der PKK über Verhandlungen zu einer Einstellung des bewaffneten Kampfes zu kommen. Als diese aber 2015 scheiterten und die Auseinandersetzung wieder eskalierte, gerieten Ragıp und sein Verlag schnell in die Schusslinie.
2017 wurde der Verlag von der Polizei gestürmt und vorübergehend geschlossen. Der Vorwand war ein Buch über „Kurden ohne eigenen Staat“. Ragıp und sein Sohn, der ebenfalls in dem Verlag arbeitet, wurden wegen Unterstützung einer „Terrororganisation“ angeklagt. Es begann eine leidvolle Phase zwischen Gerichtsprozessen, U-Haft, kurzfristiger Freiheit und erneuten Anklagen. In dieser Zeit gelang es Ragıp, sich aus der Türkei abzusetzen.
Zeitweise in seiner Reisefreiheit stark eingeschränkt
Die Türkei ließ ihn auf die Fahndungsliste von Interpol setzen. Dennoch gelang es seinem Sohn, den Verlag wieder zum Laufen zu bringen. Nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes, der nach dem Putschversuch 2016 verhängt worden war, konnte der Belge Verlag auch wieder einige Bücher publizieren. Ragıp versuchte, den Verlag aus dem Ausland zu unterstützen, konnte aber auch nicht verhindern, dass der Belge-Verlag vor allem aus finanziellen Gründen in existienzielle Bedrohung geriet. Auch von Schweden aus engagierte sich Ragıp Zarakolu weiterhin für Publikationsfreiheit und bei „Writers in Prison“ des Internationalen PEN. Allerdings war er wegen des Interpol-Haftbefehls zeitweise in seiner Reisefreiheit stark eingeschränkt. Eine Auslieferung Ragıp Zarakolus an die Türkei wird aber hoffentlich, wenn schon nicht von der Regierung, dann aber doch wohl durch schwedische Gerichte, verhindert werden.
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