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Türkei und Russland im StreitDer Ton verschärft sich

Die türkische Regierung beschuldigt Russland der ethnischen Säuberung in Syrien. Russland kontert mit dem Vorwurf, Ankara unterstütze IS-Terroristen.

Eisbahnwaggons mit türkischen Waren, die von Russland zurückgeschickt wurden Foto: dpa

Istanbul dpa | Im Konflikt mit Moskau hat die türkische Regierung Russland ethnische Säuberungen in Syrien und eine indirekte Unterstützung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vorgeworfen. „Russland versucht, ethnische Säuberungen – Sie können das schreiben, ethnische Säuberungen – im Norden Latakias auszuführen“, sagte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Mittwoch bei einem Gespräch mit Korrespondenten westlicher Medien in Istanbul. Der Regierungschef warnte vor einem Ansturm von Millionen neuer Flüchtlingen aus Syrien, sollten die russischen Bombardements dort fortgesetzt werden.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte Vorwürfe an die Türkei, IS-Terroristen zu unterstützen. Unter anderem würden mit dem Wissen Ankaras verletzte Kämpfer in der Türkei medizinisch versorgt, sagte Lawrow der Agentur Interfax zufolge. Der Konflikt zwischen der Türkei und Russland eskaliert seit dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei an der syrischen Grenze am 24. November.

„Sie wollen dieses Gebiet ethnisch säubern, damit die Basen des Regimes und Russlands in Latakia und Tartus geschützt werden“, sagte Davutoglu. „Sie wollen in diesem Teil Syriens keine sunnitisch-arabische oder turkmenische Bevölkerung haben.“ 90 Prozent der russischen Angriffe in Syrien gälten der moderaten Opposition. „Ihr Kampf ist nicht gegen Daesch (IS).“

Davutoglu sagte, Russland bombardiere besonders die Region um Asas, die eine Hochburg der moderaten Opposition sei. „Also wer hilft hier Daesch? Die Türkei oder Russland?“ In Asas kämpfe die Opposition gar nicht gegen das Regime, sondern gegen den IS. „Sie bombardieren Asas, um die Opposition zu schwächen, die gegen Daesch kämpft. (...) Wer profitiert davon? Daesch, nicht das Regime.“

Warnungen von beiden Seiten

Davutoglu sagte, seine Regierung sei „verärgert und enttäuscht“ über die russischen Luftangriffe in Syrien, die einen neuen Ansturm von Flüchtlingen auslösen könnten. „Wenn das anhält, verlassen von Aleppo bis Latakia drei Millionen Menschen (die Region). Wenn diese Bombardements andauern, kann ich ihnen nicht sagen, wie viele Millionen in die Türkei kommen könnten.“ Davutoglu lobte die Gastfreundschaft der türkischen Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen. „Wir hatten kein Pegida“, sagte er.

Russland warnte die Türkei vor einer Eskalation der Lage in Nahost etwa durch eine mögliche Entsendung von Soldaten nach Syrien. Die UN-Vetomacht erwarte, dass Ankara in Syrien keine neuen „unbesonnenen Schritte“ unternehme wie etwa zuvor im Irak, sagte UN-Botschafter Witali Tschurkin am Dienstagabend im UN-Sicherheitsrat in New York.

Auslöser des Konflikts zwischen Ankara und Bagdad sind rund 150 Soldaten, die die Türkei mit mindestens 20 Panzern in die nordirakische Region Mossul geschickt hatte. Sie sollen dort türkische Soldaten schützen, die kurdische Peschmerga und sunnitisch-arabische Milizen im Kampf gegen den IS ausbilden.

Die türkische Regierung beharrt darauf, dass die Soldaten mit Einverständnis des Iraks dort eingesetzt sind. Die Regierung in Bagdad dementiert das vehement. Am Dienstagabend war ein 48 Stunden langes Ultimatum abgelaufen, dass Ministerpräsident Haidar Al-Abadi der Regierung Ankara zum Abzug der Soldaten gegeben hatte. Der Irak und auch Russland hatten gedroht, den Fall ansonsten vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen.

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3 Kommentare

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  • Türkei behauptet, dass sie im norden Irak peschmerga im Kampf gege IS ausbildet. Die Peschmergas sind dort andere Meinung! Türkei bildet dort nämlch is-terroristen aus.

  • Sie haben keine Pegida aber dafür die Grauen Wölfe Herr Davutoglu und die sind

    um einiges schlimmer als die Pegida Spinner.

    Einer von diesen Grauen Wölfen hat den Russischen Piloten am Fallschirm hängend

    erschossen, ein Kriegsverbrechen.

    Der mann kommt als Elazig und heißt Alparslan Celik und ist der Sohn eines

    MHP Funktionärs.

    Zudem leben nur 1/3 der Flüchtlinge in Lagern und diese werden durch

    spenden und durch die Unterstützung der UNHCR betrieben.

    Der Rest ist bei Verwandten und bekannten untergekommen bzw schlägt sich

    durch ohne jegliche Hilfe.

    In der Türkei können Flüchtlingskinder nicht die schulen besuchen es wurde ihnen

    verboten.

    Syrische kinder die Taschentüchter verkaufen auf der Straße werden festgenommen.

    Kein Land hat bisher die Daesh Barbaren so gefördert wie die Türkei.

     

    Herr Davutoglu Sie sind ein Heuchler!

     

    PS Der Sultan zieht im Moment jeden und alles vor Gericht: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/prozess-erdogan-will-gollum-vergleich-verbieten-13948957.html

    >>Erdogan will kein Gollum sein

    Der türkische Präsident Erdogan möchte nicht mit Gollum verglichen werden - einer glitschigen Figur aus Tolkiens „Herr der Ringe“. Doch was hat er hier eigentlich zu fürchten?

    • 3G
      30404 (Profil gelöscht)
      @Michael FSM:

      Kein Kriegsverbrechen. Feindliche Bomberpiloten werden in Ihrem Zielgebiet seltsamerweise auch in der Luft bekämpft.

       

      Ausnahmen nur bei russischen Soldaten (auf Urlaub) ohne Abzeichen (Schlamperei) die sich wegen cia-manipulierten Karten in Grenzgebieten verirren.