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Tsipras-Besuch in DeutschlandGute Gespräche, gute Stimmung

Fünf Stunden berieten sich Merkel und Alexis Tsipras am Montagabend. Eine konkrete Reformliste legte der griechische Premier nicht vor – aber eine Einladung.

Gude Laune: Tsipras und Merkel am Montag in Berlin. Bild: dpa

BERLIN/ATHEN dpa | Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeladen, Griechenland zu besuchen. Dies sagte der Sprecher der Regierung, Gabriel Sakellaridis, am Dienstag im griechischen Fernsehen. „Ja, Tsipras hat die Bundeskanzlerin eingeladen“, sagte der Sprecher. Ein Datum für den Besuch nannte er nicht.

Ein weiteres Gespräch Merkels mit Tsipras am Montagabend über die Lage in Griechenland und die Beziehungen in der EU dauerte fast fünf Stunden. Bei den Gesprächen habe Tsipras keine genaue Liste der geplanten griechischen Reformen Merkel vorgelegt. Alle Themen seien aber angesprochen worden, hieß es. Die Liste der Maßnahmen werde in den nächsten Tagen fertig sein. Sie werde keine Maßnahmen beinhalten, die den Bürger finanziell belasten werden, hieß es.

„Die Bundeskanzlerin und der griechische Ministerpräsident hatten in guter und konstruktiver Atmosphäre eine umfassende Aussprache über die Situation Griechenlands, die Arbeitsweise der Europäischen Union und die künftige deutsch-griechische Zusammenarbeit“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert im Anschluss mit.

Nach wochenlangem Schlagabtausch zwischen Berlin und Athen hatte Tsipras Deutschland eine neue Form der Zusammenarbeit angeboten. „Es gibt keinen anderen Weg als den des Dialogs, um bestehende Schwierigkeiten zu überwinden“, sagte er. Zugleich versprach der linke Regierungschef, dass Griechenland Vereinbarungen einhalten werde. Er forderte aber andere Prioritäten. „Wir brauchen einen neuen politischen Mix.“

Dienstag ist Oppositionstag

Am zweiten Tag seines Antrittsbesuchs kommt Tsipras am Dienstag in Berlin mit Vertretern der Opposition zusammen. Vorgesehen sind Gespräche mit der Vorsitzenden der Linken, Katja Kipping, und Fraktionschef Gregor Gysi sowie mit den beiden Parteivorsitzenden der Grünen, Simone Peter und Cem Özdemir. Auf dem Programm steht auch eine Begegnung mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), die nach Angaben des Auswärtigen Amts aber nicht öffentlich ist.

Der Sprecher der Parlamentsfraktion der griechischen konservativen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND), Adonis Georgiadis, erklärte nach dem Treffen: „Willkommen im Klub der Merkelisten.“ Tsipras hatte in den vergangenen Jahren die damals regierenden Konservativen und Sozialisten als „Merkelisten“ bezeichnet, weil sie seiner Meinung nach bedenkenlos alle Spardiktate aus Berlin in die Tat umsetzten.

Weber lobt, Lucke nicht

Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), hat die Regierung in Athen zum Dialog aufgerufen. Offenbar beginne auch Alexis Tsipras zu verstehen, dass es weder ihm noch seinem Land helfe, die Partner in der Eurozone zu provozieren und einen „Kopf-durch-die-Wand-Stil“ anzuwenden, sagte Weber der dpa mit Blick auf den Antrittsbesuch des griechischen Regierungschefs in Berlin. Das Gespräch zwischen Tsipras und Merkel wertete Weber als „atmosphärisch wichtigen Schritt für die kommenden Gespräche zur Zukunft Griechenlands“.

Der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke bezweifelt die Ernsthaftigkeit der von Griechenland angekündigten Reformliste. Die angekündigte Steueramnestie für Griechen, die ihr Schwarzgeld aus dem Ausland zurückholen, sei schon von der alten Athener Regierung 2010 als eine der ersten Reformmaßnahmen beschlossen worden, aber weitgehend wirkungslos geblieben. „2011 hat die EU-Kommission diese Amnestie zudem als unvereinbar mit EU-Recht eingestuft“, erklärte Lucke in einer Mitteilung am Dienstag. „Die angebliche Reformliste ist nur ein Versuch, die Öffentlichkeit zu täuschen.“

Auch die angekündigten Privatisierungen würden bereits seit 2010 durchgeführt. Sie hätten aber nur „vielleicht ein Zehntel des ursprünglich behaupteten Erlöses eingebracht“, sagte Lucke. Auch mit Steuererhöhungen werde er nicht viel mehr erlösen können als das, was die Vorgängerregierungen bereits versucht haben. „Man muss den Realitäten ins Auge sehen: Griechenland hat kein Geld und wird deshalb auf die Schnelle auch nichts beschaffen können.“

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5 Kommentare

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  • [TEIL II.]

     

    EU/Europa: Wirtschaftsunion oder Sozialunion?

     

    Eine sozial-ökonomisch-ökologische EU wäre nur auf einem gleichwertigen, qualitativen und quantitativen Wirtschafts-, Industrie- und Entwicklungsniveau möglich. Diese annähernde Entwicklungsstufe wurde von Griechenland, Rumänien, Bulgarien und anderen EU-Regionen niemals erreicht. Zudem schließt die kapitalistische (wirtschaftliche) Konkurrenz innerhalb der Europäischen Union jede Annäherung der (nationalen) kapitalistischen Systeme und Regionen aus. Die kapitalistische Konkurrenz zwischen den Staaten besteht weiterhin, unter dauerhaften Ausschluss großer Teile der regionalen Bevölkerungen, vor allem der Erwerbslosen, als billige und willige Arbeits-, Konkurrenz-, Wirtschafts- und Verwertungsreserve der führenden Wirtschaftsmetropolen innerhalb der EU. Die Europäische Union war nicht als Projekt gleichwertiger sozialer Standards gedacht, sondern als Projekt der Kapitalinteressen der führenden europäischen Finanz- und Wirtschaftsmonopole.

     

    [Nur Bemerkungen, stets unvollständig.]

  • Skizze zur Gegenwart und Zukunft Europas

     

    EU/Europa: Wirtschaftsunion oder Sozialunion

     

    EU bzw. Europa: kapitalistische Wirtschafts- und Verwertungsunion oder sozial- und finanzpolitische gesamteuropäische Sozialunion?

     

    EU bzw. Europa: vereinigte kapitalistisch und imperialistische Staaten Europas oder Vereinigte sozialpolitische (oder real-sozialistische) Staaten Europas?

     

    EU bzw. Europa: kapitalistisches Wirtschaftsbündnis europäischer Staaten und Regionen oder Transfer- bzw. Sozialunion

     

    Die Europäische Union als kapitalistisches Bündnis der westeuropäischen Wirtschafts- und Monopolverbände, wie heute, oder als ökonomischen Ausgleich transferierende Sozialunion der gesamt-europäischen Staaten?

     

    Eine Annäherung unterschiedlicher sozialökonomischer (heute noch kapitalistischer) Systeme in Europa ist nur möglich durch wirtschafts- und sozialpolitische Entwicklungshilfe, durch kostenintensive Sachleistungen und Sozialleistungen. *

     

    * [Ökonomische Vorleistungen der Wirtschaftsmetropolen, einschließlich der BRD, siehe Ostdeutschland, in das Erziehungs- und Bildungssystem, Berufsausbildungs-, Fortbildungs- und Qualifizierungssystem, in ein wert- und vor allem mehrwertschöpfendes Beschäftigungs- bzw. effizientes Arbeits- und Ausbeutungssystem. Also, keine Fiktion, sondern als Teil der wert- und mehrwertschöpfenden und konkurrenzfähigen marktwirtschaftlich-kapitalistischen Realität.]

     

    [TEIL I. von II.]

  • Ich sehe eine andere Realität:

    Keine konkreten Fortschritte, mehrere gravierende neue diplomatische Fauxpas des griechischen Ministerpräsidenten, weitere Zeitvergeudung.

    Entweder Griechenland begibt sich auf einen ernsthaften schmerzhafen Reformkurs, bei dem ich nicht beurteilen kann, ob das innenpolitisch auszuhalten ist, oder es scheidet mit den notwendigen Übergangshilfen aus dem Euro aus und wird auf diese Weise mittelfristig wieder Herr seine Schicksals.

    Alles andere gefährdet die EU und verlängert das Leiden. Es gibt viele Arme in der EU, nicht nur in Griechenland.

  • Wenn Herr Tsipras seine deutschen Genossen von der Linkspartei trifft, wird es mit Sicherheit wieder um die Begleichung der deutschen Kriegsschulden gegenüber Griechenland gehen. Natürlich werden die deutschen Linken wieder eine entsprechend lautstarke Forderung an die Bundesregierung stellen.

     

    Was hat eigentlich die Vorgängerin der Linkspartei in dieser Hinsicht getan, als sie noch die allmächtige Staatspartei SED des ostdeutschen Staates DDR war? Sie hätte mit gutem Beispiel vorangehen und die Bezahlung des DDR-Anteils an Griechenland veranlassen können.

     

    Doch sie tat - nichts!

    Es wurde zwar von den Verbrechen der Wehrmacht in Griechenland berichtet, aber von einer Wiedergutmachung war in den 40 Jahren DDR nie die Rede!

    • @Pfanni:

      Die Mitverantwortlichen aus dem Osten Deutschlands hatten sich vor dem Zugriff durch die ostdeutschen Behörden zu ihren finanz- und monopolkapitalistischen Brüdern abgesetzt. Nachdem die unvollkommene antikapitalistische und antifaschistische DDR erfolgreich liquidiert und implodiert war, konnten sie sich erneut auf mitteldeutsche Gebiete, und darüber hinaus, ausdehnen. Die 'Bild' und andere analoge ideologische Produkte, die können Sie heute auch in Osteuropa kaufen. Die deutschen Antifaschisten, aus der späteren ostdeutschen DDR, waren solidarisch mit dem griechischen antifaschistischen Befreiungskampf.