Tschernobyls Liquidatoren: Nicht ums Geld betteln müssen
Die Liquidatoren von Tschernobyl leiden – an den gesundheitlichen Folgen der Strahlen und an geringer finanzieller Unterstützung. Sie hoffen auf Hilfe durch die EU.
BERLIN dpa | Gut 26 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl hat ein schwer kranker früherer Helfer die EU gebeten, einen Hilfsfonds für die betroffenen Arbeiter einzurichten.
„Europa verfolgt mit großen Interesse den Bau des neuen Sarkophags. Aber leider sind diejenigen auf der Strecke geblieben, die beim Bau der ersten Schutzhülle geholfen haben“, sagte Oleg Geraschtschenko in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa bei einem Besuch in Berlin.
Der 62-Jährige arbeitete in den Tagen nach der Explosion des Reaktormantels 1986 in Tschernobyl als Feuerwehrmann. Heute kämpft er wie viele seiner Mithelfer mit schweren gesundheitlichen Folgen. Geraschtschenko leitet den Tschernobyl-Helfer-Verband in Dnepropetrowsk südöstlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
„Ein Liquidator, der damals in Tschernobyl war, kann sich heute überhaupt nicht über Wasser halten, weil er so teure Medikamente braucht“, sagte Geraschtschenko. Natürlich sei man der Europäischen Union dankbar für die Hilfsmillionen für einen neuen Schutzmantel, dessen Bau vor einem halben Jahr zum 26. Jahrestag der Katastrophe begonnen hat. Doch diese Unterstützung reiche nicht aus.
Die Realität für die Aufräumhelfer von damals sei unmenschlich, kritisiert Geraschtschenko. „Unsere Familien müssen ihre Häuser verkaufen und bei Freunden und Verwandten Unterschlupf suchen, nur um diesem einen Menschen weiter das Leben zu ermöglichen.“ Es gehe um eine ordentliche medizinische Versorgung. „Da liegen unsere Hoffnungen jetzt bei der EU.“ Wichtig sei, dass die Liquidatoren nicht ihre Familien ruinierten. „Wir wollen, dass noch die paar Jahre zum Tod begleitet werden und wir nicht um Geld betteln müssen.“
Seit Jahren kämpfen Tschernobyl-Helfer für eine angemessene Rente von der ukrainischen Regierung. Zuletzt hatten Strahlenopfer unter anderem mit einem Hungerstreik gegen Kürzungen der Sozialleistungen demonstriert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen