Tschechiens neuer Präsident: Populistisch und trinkfest
Milos Zeman umarmt Bäume und mag Alkohol. Seine unermüdliche Basisarbeit hat den postkommunistischen Populisten ganz nach oben gebracht.
PRAG taz | Er wolle ein „linker Präsident“ sein, erklärte Milos Zeman auf seiner ersten Pressekonferenz als designierter Präsident der Tschechischen Republik. Zeman, 1944 in der mittelböhmischen Kleinstadt Kolín als Sohn eines Postbeamten und einer angeblich sehr strengen Lehrerin geboren, will die Reichen besteuern und arbeitet eng mit ehemaligen Kommunisten und Mitarbeitern der tschechoslowakischen Staatssicherheit zusammen.
Nach einem verpatzten ersten Anlauf auf die Prager Burg 2003 hatte er sich beleidigt in die Abgeschiedenheit des böhmisch-mährischen Hochlandes zurückgezogen und die letzten zehn Jahre vor sich hin getrotzt. Nimmt man Zemans gesammelte Aussprüche seiner Karriere ernst, dann bekommt man das Bild eines xenophoben, islamhassenden postkommunistischen Potentaten, der ethnische Säuberungen gut findet und Männern, die Frauen vergewaltigen, einen evolutionären Vorteil zuschreibt.
Privat hat Zeman, der aus zwei Ehen zwei Kinder hat, vier Interessen: Bücher, Bäume umarmen, Zigaretten und Alkohol. Eigenen Angaben nach trinkt er täglich sechs Gläser Wein und drei Schnäpse.
Schon als Schüler soll er ein arroganter Streber gewesen sein, ein Einzelgänger, der auf andere herabblickte, erinnert sich Zemans Lehrerin. Aus ideologischen Gründen wäre Zeman fast nicht zur Matura zugelassen worden und konnte erst während des Tauwetters des Prager Frühlings auf der Wirtschaftshochschule studieren. Das kommunistische Regime saß Zeman aus, bevor er sich nach der „samtenen Revolution“ als Unabhängiger fürs Abgeordnetenhaus nominieren ließ.
Die parteipolitische Bühne betrat Milos Zeman mit einem Paukenschlag. In ermüdender Basisarbeit schaffte Zeman es dann aber, die Sozialdemokraten innerhalb von nur sechs Jahren aus einer Partei, die um die 5-Prozent-Hürde herumkraxelte, im Jahre 1998 zu einem fulminanten Wahlsieg zu führen. Danach aber machte Zeman mit seinem konservativen Gegenspieler und derzeitigen Amtsinhaber Václav Klaus gemeinsame Sache. Diese Verbindung lähmte die Tschechische Republik dann vier Jahre lang und öffnete der Korruption Tür und Tor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt