Trumps Rache an der Justiz: Nächste Phase der Zerstörung
Der US-Präsident wurde im Amtsenthebungsverfahren freigesprochen. Nun geht er gegen all jene vor, die ihn bei den Ermittlungen belastet haben.

E s soll in den USA Republikaner*innen gegeben haben, die des Glaubens waren, Präsident Donald Trump werde durch das Amtsenhebungsverfahren irgendwie vorsichtiger. Etwas respektvoller wenigstens gegenüber den demokratischen Institutionen, der Gewaltenteilung. Wie auch immer sie darauf kamen.
Das Gegenteil ist der Fall. Schon am Tag nach dem Freispruch belobigte Trump bei einer Siegesfeier im Weißen Haus all jene, die ihn am skrupellosesten beschützt und die Beweisaufnahme behindert hatten. Seither befindet er sich in einem grollenden Rachefeldzug. Botschafter und Mitarbeiter, die vor dem Repräsentantenhaus aussagten, hat er gefeuert und verlangt öffentlich Disziplinarverfahren gegen sie. Und wo die Justiz gegen aktuelle oder ehemalige Vertraute vorgeht, weil sie – ganz in Trumps Sinne – logen oder Ermittlungen behinderten, wettert und tobt er auf Twitter.
Das könnte ihn zum albernen Rumpelstilzchen machen, der in seiner Gummizelle vor sich hin poltert – wenn nicht das Justizministerium mitmachen und Trumps Willen umsetzen würde. So wie jetzt im Falle des ehemaligen Vertrauten Roger Stone, dessen Strafmaß in der kommenden Woche verkündet werden soll. Erst meckerte Trump über den Antrag der Staatsanwaltschaft. Dann stimmte das Justizministerium ein. Die Staatsanwälte gaben aus Protest den Fall ab – und der flugs neu eingesetzte Ersatz milderte die Strafforderung.
Eine so eklatante Einflussnahme auf die unabhängige Justiz ist die vielleicht gefährlichste Entwicklung in Trumps Präsidentschaft. Bislang beschränkte er die von seinem ehemaligen Chefstrategen Steve Bannon angekündigte Zerstörung des Staats von innen auf Ministerien, Sozial- und Umweltprogramme – jetzt geht es an die Justiz, das Kernstück jeden Rechtsstaats.
Wenn die heutigen republikanischen Abgeordneten und Senator*innen einmal von ihren Enkel*innen gefragt werden, was sie eigentlich damals gemacht haben, werden sie keine gute Antwort haben.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
US-Außenpolitik
Transatlantische Scheidung
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine
„Wir sind nur kleine Leute“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA entwerfen UN-Resolution zum Krieg in der Ukraine ohne jede Kritik an Russland