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Trumps Anruf aus TaiwanAusgezahlte Lobbyarbeit

Zwölf Minuten telefonierte Donald Trump mit Taiwans Präsidentin und verärgerte China. Nun zeigt sich: Der Tabubruch wurde lange vorbereitet.

Freute sich über das Telefonat: Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen Foto: reuters

New York taz | Der Anruf aus Taiwan sei überraschend und nichts weiter eine höfliche Geste gegenüber dem künftigen US-Präsidenten gewesen. So behaupteten es Donald Trumps Sprecherin und sein designierter Vizepräsident, nachdem ein Sturm der Entrüstung durch die US-amerikanischen und chinesischen Medien gegangen war.

Denn die zwölf Minuten am Telefon mit der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen waren ein diplomatischer Tabubruch. Seit 1979 haben die USA ihre diplomatischen Beziehungen zu dem Land eingefroren und sich auf die Ein-China-Politik von Peking eingestellt. Taiwan hat in Washington keine Botschaft und Regierungsmitglieder aus Taipei können ihre KollegInnen allenfalls in der Bar, nicht jedoch in Ministerien treffen, zu denen sie als VertreterInnen einer nicht anerkannten Regierung keinen Zutritt haben.

Doch inzwischen ist klar, dass der „Höflichkeitsanruf“ das Resultat von wochenlangen Vorbereitungen war und das dafür Zigtausende Dollar an Lobbyisten in Washington gegangen sind. Eine zentrale Rolle spielt dabei der ehemalige republikanische Senator und Präsidentschaftskandidat Bob Dole: Er fädelte nicht nur das Telefonat ein, sondern bahnte auch andere Kontakte zwischen Taiwan und Trump an. „Man kann sagen, dass wir einen Einfluss gehabt haben“, sagte der 93-Jährige dem Wall Street Journal.

Das zentrale Instrument dabei ist das Taipei Economic and Cultural Representative Office (Tecro), das einen großen Teil seines Etats dafür ausgibt, US-Kongressmitglieder umzustimmen, sie nach Taiwan einzuladen und Begegnungen zu organisieren. Bob Dole, der für das Anwaltsbüro Alston & Bird arbeitet und die antikommunistische Stiftung Victims of Communism Memorial Foundation berät, ist einer der wichtigsten Tecro-Kontaktmänner.

Er kassiert dafür 25.000 Dollar pro Monat – und plädiert seit Jahren für die Aufnahme Taiwans in die Vereinten Nationen. Dole war der einzige Expräsidentschaftskandidat, der im Wahlkampf Trump unterstützte. Und er brachte schon Monate vor dessen Wahl enge Mitarbeiter von Trump mit Taipei in Kontakt. Doch Dole ist nicht der einzige ehemalige US-Politiker, der sich von Taiwan für seine Lobbyarbeit bezahlen lässt. Auf der Honorarliste des Tecro stehen – mit identischen Beträgen – auch Demokraten wie die Exsenatoren Richard Gephardt und Thomas Daschle.

Mehr militärische Stärke zeigen

In seinem Wahlkampf hat Trump eine härtere Gangart gegenüber Peking angekündigt. Er wetterte gegen Chinas Währungsmanipulationen und seine hohen Importzölle. Er drohte an, die Zölle für chinesische Produkte in den USA zu erhöhen und versprach – vor allem in den von Fabrikverlagerungen gezeichneten Bundesstaaten des Rust Belts – dass er die Arbeitsplätze „zurückholen“ werde. Auch wenn er bis heute nicht verraten hat, wie er das tun will.

Die Annäherung an Taiwan scheint zu Trumps Prioritäten zu gehören

Die „Wende nach Asien“, die Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton betrieben haben und die im Wesentlichen aus dem Versuch einer Umzingelung und Isolierung Chinas besteht, bezeichnete Trump als „schwach“. Demgegenüber hat er angekündigt, China auch militärisch mehr Stärke zu zeigen.

Einen Tag vor der Präsidentschaftswahl veröffentlichten die Trump-Berater Alexander Grey und Peter Navarro einen Artikel in dem einflussreichen Magazin Foreign Policy, in dem sie die Grundzüge von Trumps Asienpolitik skizzieren. Darin spielt die Annäherung an Taiwan eine wichtige Rolle.

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3 Kommentare

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  • Hahaha, Bob Dole fädelt also ein Gespräch ein. Trumps "Mein Kampf gegen das Establishment" geht weiter ...

  • Dass Trump mit der Aktion in eine Kerbe schlug, die es bei vielen Republikanern (z.B. Bob Dole auch schon vor seinem Lobbymandat) ohnehin gibt, sollte bekannt sein. Dass Taiwan, obwohl es sich nach wie vor selbst nicht für unabhängig erklärt hat, die nominelle Ein-China-Politik Washingtons auf realpolitischer, wirtschaftlicher und militärischer Ebene so gut es geht aufzuweichen versucht, ist auch nicht neu.

     

    Neu ist Trump selbst, der - wie im Artikel aufgezählt - Einiges im Verhältnis zu China ändern möchte und dafür Hebel braucht, mit denen er Peking unter Druck setzen kann. Dafür nutzt er wohl auch sein "Mad Dog"-Image, indem er sich als unberechenbarer Bauchmensch geriert, von dem die Volksrepublik die Beibehaltung bisheriger Selbstverständlichkeiten nicht einfach - will sagen: ohne Zugeständnisse an anderer Stelle - erwarten kann. Die vergleichsweise unaufgeregte Reaktion aus Peking lässt ahnen, dass man das da auch kapiert hat und nun in demonstrativer Coolness zurückpokert.

  • Trump telefoniert mit der demokratisch gewählten Präsidentin eines demokratischen

    Landes ? Skandal...

    Sein Vorgänger und die Europäer telefonieren lieber mit der VR China, einer

    kommunistisch-hyperkapitalistischen Diktatur und dies wahrscheinlich ausschlieslich um dort die Menschenrechte zu verbessern...