Die Beilage zum Tag der Pressefreiheit 2025 beleuchtet Angriffe auf Medien in den USA, Gaza, durch Slapp-Klagen und gegen Exiljournalist*innen. Das Editorial.
Tod in Nuseirat – von einer israelischer Rakete getroffener Kleinbus
Foto:
Saeed Jaras/Middle East Images/imago
US-Präsident Donald Trump dominiert mit seiner Politik die Schlagzeilen. Damit drängt er andere wichtige Themen aus der öffentlichen Wahrnehmung. Zugleich lässt er nichts aus, um traditionelle Medien anzugreifen und unabhängigen Journalisten die Arbeit zu erschweren. Seine Regierung erkennt nicht einmal mehr Gerichtsurteile an. Trump straft dabei nicht nur Medien ab, die journalistische Standards verteidigen, sondern greift auch Reporter persönlich an.
Am Tag der Pressefreiheit 2025 haben wir und deshalb auf vier Schwerpunktseiten (Seiten IV–VII der Beilage, die am 3. Mai 2025 erschienen ist) der Pressefreiheit in den USA gewidmet. Dabei zeigt ein Blick auf die lokale Ebene aber auch alternative Medien, die Hoffnung machen.
Beilage Tag der Pressefreiheit 2025
Die Beilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit 2025 finden Sie
Unfassbar ist, dass im Gazakrieg laut Reporter ohne Grenzen bisher fast 200 palästinensische Journalisten vom israelischen Militär getötet wurden, davon 43 bei Ausübung ihres Berufes. Die Kriegsberichterstattung über Gaza, wo auch die Hamas keine unabhängigen Medien zulässt, hat viele Redaktionen gespalten und zu Anfeindungen bis hin zu massiven Bedrohungen von Journalisten geführt. Die taz-Beilage zum Tag der Pressefreiheit haben wir mit Porträts von getöteten und verhafteten Journalist*innen bebildert – eine Zusammenarbeit mit dem Projekt Wahrheitskämpfer.
Künstler*innen aus der ganzen Welt zeigen Porträts von getöteten und ermordeten Journalist*innen in einer Online-Ausstellung
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https://wahrheitskaempfer.de/
Von Letzterem ist auch die taz betroffen wie inzwischen auch von einer Einschüchterungsklage (Slapp). Der Versuch, solchen rechtsmissbräuchlichen Klagen einen Riegel vorzuschieben, ist ein weiteres Thema dieser Beilage wie auch die Bedrohung von Exiljournalisten durch ihre Heimatregierungen.
Ermordet oder verhaftet, aber nicht vergessen
Seit 2015 sammeln Susanne Köhler und Gerhard Keller auf wahrheitskaempfer.de Porträts ermordeter und inhaftierter Journalist:innen aus aller Welt. Über 800 Bilder, ergänzt durch Informationen zu den Personen, erinnern an Opfer von Gewalt und Repression. So entstand ein einzigartiges Archiv weltweiter Unterdrückung der Pressefreiheit. Hier zeigen wir einige ausgewählte Porträts.
Pawel Grigorjewitsch Scheremet – 28. 11. 1971–20. 7. 2016: Er war ein regimekritischer belarussischer und später russischer Radio-, Fernseh- und Internetjournalist. In Belarus saß er zweimal im Gefängnis, ihm wurde die Staatsbürgerschaft aberkannt, worauf er für russische Medien arbeitete. Er starb in Kyjiw durch die Explosion einer Autobombe mußmaßlich des belarussischen Geheimdienstes.
Kunst:
Angelika Bomhard Wey
Rafael Murúa Manriquez – 1985-2019: Der mexikanische Reporter des Radiosenders Kashana in Santa Rosalina (Baja California Sur) berichtete über Menschenrechte, Umweltschutz und Kultur. Am 20. Januar 2019 wurde er entführt. Die Leiche des damals 34-Jährigen wurde bald darauf mit zahlreichen Stichwunden am Straßenrand zwischen Santa Rosalia und San Ignacio gefunden.
Kunst:
Johannes Stahl
Hero Bahadin – 1997–23. 8. 2024: Die irakisch-kurdische Videoredakteurin arbeite für Sterk TV, einem der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) nahestehenden Sender. Am 23. August 2024 wurde die 27-Jährige durch einen gezielten türkischen Drohnenangriff auf einer Straße östlich von Sulaymaniyyah in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak getötet.
Kunst:
Huriye Genc
Nanou Kazaku – Die Radiojournalistin aus Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo, berichtete am 17. Februar 2021 über die gewaltsame Räumung von illegal besetztem Land und über eine Demonstration vor Ort. Die zum Teil bewaffneten Demonstranten lieferten sich Schusswechsel mit der Polizei, als Kazaku eine Kugel traf. Es blieb unklar, woher die Kugel abgefeuert wurde.
Kunst:
Verena Rossow
Adel Zourob -Der freiberufliche palästinensische Journalist arbeitete für mehrere Medien, darunter das der Terrororganisation Hamas nahestehende Al-Aqsa Voice Radio. Am 18. Dezember 2023 traf ein israelischer Luftangriff das Haus seiner Familie in Rafah im südlichen Gazastreifen. Der Journalist wurde zusammen mit 25 Familienmitgliedern getötet.
Kunst:
Patrick MacAllister
Maulana Siddique Mengal – Der pakistanische freie Journalist und Präsident des Khuzdar Press Club war in der Provinz Belutschistan auch Funktionär für die den Taliban nahestehende Partei Jamiat Ulema-e-Islam. Mengal wurde am Internationalen Tag der Pressefreiheit, dem 3. Mai 2024, von einer Explosion getötet, als er zur Moschee fuhr. Er ist der dritte ermordete Präsident des Khuzdar Press Club seit 2009
Kunst:
CUCULUM (Axel Kuckuk)
Ryan Evans – 1986–24. 8. 2024: Der walisische Brite arbeitete als Sicherheitsberater für Medien. Früher war er Soldat, dann wurde er Personenschützer für Diplomaten. Evans war einer von sechs Mitarbeitern der Nachrichtenagentur Reuters, deren Hotel in Kramatorsk (Ukraine) am 24. August 2024 von einer russischen Rakete getroffen wurde. Evans starb, zwei Kollegen wurden verletzt, davon ein Kameramann schwer.
Kunst:
Maria von Stülpnagel
Eduardo Sestoso – 1967–1. 5. 2018: Der philippinische Radiojournalist des Senders 91.7 FM in Dumaguete City im Süden der zentralen Insel Negros wurde auf dem Heimweg von der Arbeit von mehreren unbekannten Schützen angeschossen. Er überlebte nur noch einen weiteren Tag im Krankenhaus. Sestoso war der bereits neunte Journalist, der unter der Präsidentschaft von Rodrigo Duterte (2016–2022) ermordet wurde.
Kunst:
Christian Scharfenberg
Austin Bennett Tice – Der US-Amerikaner reiste im Mai 2012 31-jährig als freier Journalist nach Syrien. Er war einer der wenigen ausländischen Reporter, die während der Intensivierung des Bürgerkrieges vor Ort waren. Am 13. August 2012 wurde er nahe Damaskus entführt. Die US-Regierung nimmt an, dass er vom damaligen Assad-Regime oder von ihm nahen Gruppen entführt wurde. Seitdem bleibt er verschwunden.
Kunst:
Carole Isler
Jelena Milaschina – Die russische Investigativjournalistin der unabhängigen Zeitung Nowaja Gaseta setzte u.a. in Tschetschenien die Recherchen ihrer 2006 ermordeten Kollegin Anna Politkowskaja fort. 2006 wurde Milaschina im nordossetischen Beslan angegriffen, 2012 erneut nahe Moskau. Im Juli 2023 wurden Milaschina und ihr Anwalt kurz nach ihrer Ankunft in Grosny zusammengeschlagen und schwer verletzt.
Kunst:
Steff Murschetz
Romelson Vilcin war in Haiti Korrespondent für den Radiosender Génération 80. Am 30. Oktober 2022 forderte er mit anderen Journalisten vor dem Polizeirevier Delmas 33 in der Hauptstadt Port-au-Prince die Freilassung eines zu Unrecht inhaftierten Journalistenkollegen. Die Polizei versuchte, sie mit Tränengas und Schlägen zurückzudrängen. Ein Tränengasgeschoss traf Vilcin am Kopf. Er starb später im Hospital.
Kunst:
Susanne Köhler
Viktorya Roschtschyna – 1996–2024: Die ukrainische Journalistin berichtete aus Mariupol und Saporischschja. Als sie aus der russisch besetzten Ostukraine berichten wollte, wurde sie dort im August 2023 vom Geheimdienst FSB verhaftet. Russland erklärte sie sei im September 2024 gestorben. Die Leiche wurde im Februar 2025 von Russland übergeben, wies Spuren von Folter auf, und Organe waren entnommen worden.
Kunst:
Susanne Köhler
Serkan Sedat Güray – Der in der Türkei preisgekrönte Radiojournalist wurde 2016 festgenommen unter dem Vorwurf, auf Twitter Staatspräsident Erdoğan zu beleidigen. Güray bestritt dies und kam auf Bewährung frei. Im Februar 2017 wurde er erneut festgenommen wegen angeblicher Terrorpropaganda im Radio. Es dauerte allein 16 Monate bis zu einer Anklageschrift. Güray wartet in Haft immer noch auf ein Urteil.
Kunst:
Christina Hermann
Alle Texte der Beilage zum Tag der Pressefreiheit 2025 wurden unter diesem Schwerpunkt seit dem 1. Mai veröffentlicht.
Sven Hansen ist seit 1997 Asienredakteur der taz. Seit vielen Jahren kuratiert er einmal im Jahr zum 3. Mai die Sonderbeilage zum Tag der Pressefreiheit im Auftrag der taz Panter Stiftung.
Dieser Artikel ist am 3. Mai 2025 als Editorial einer gemeinsamen Sonderbeilage der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der Pressefreiheit erschienen.
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