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US-Schlag gegen IranTrump bombt sich ins Dilemma

Mit seiner Entscheidung, Irans Atomanlagen zu bombardieren, stößt der US-Präsident auch Teile seiner Unterstützerschaft vor den Kopf.

Geht auf seine Kappe: Trump (in roter Maga-Mütze) mit Vize­präsident J. D. Vance im „Situation Room“ im Weißen Haus Foto: The White House via ap/dpa

Berlin taz | Eine Woche lang hielt US-Präsident Donald Trump die Öffentlichkeit im Unklaren, wie – und wann – er über eine Beteiligung an Israels Angriff auf den Iran entscheiden würde. Die Forderung der israelischen Regierung, die USA mögen ihre bunkerbrechenden Bomben gegen die tief in den Berg gegrabene Urananreicherungsanlage Fordo einsetzen, war mehr als deutlich – und für Trump ergab sich ein massives Dilemma. In keiner anderen Frage haben sich je innerhalb seiner trumpistisch umgeformten Republikanischen Partei, aber auch im außerparteilichen MAGA-Umfeld, so tiefe Risse aufgetan wie über den Iran-Einsatz.

Denn tatsächlich war es ein zentrales Wahlversprechen, anders als die verhassten Neocons und die Interventionisten der Demokraten keine neuen Kriege zu beginnen, schon gar nicht mit ungewissem Ausgang erneut im Nahen Osten. Und so machten einige der profiliertesten Isolationisten aus dem Trump-Lager in den vergangenen Tagen mobil gegen einen US-Militäreinsatz im Iran.

Allen voran der frühere Fox News-Moderator Tucker Carlson und die verschwörungsgläubige Abgeordnete Marjorie Taylor Greene erklärten die Iran-Frage zum entscheidenden Glaubwürdigkeitstest der „America First“-Politik.

Mit seiner Ankündigung vom Donnerstag, er werde „innerhalb der nächsten zwei Wochen“ eine Entscheidung treffen, schien Trump sich Zeit verschaffen zu wollen, um die politischen und militärischen Risiken abzuwägen. Ein Ablenkungsmanöver. Am Samstagabend US-Zeit warfen sieben B-2-Bomber insgesamt 14 bunkerbrechende GBU-57 Bomben im Iran ab, 12 davon über der besonders tief eingegrabenen Anlage von Fordo, zwei weitere über Natans.

Unklarheit über Erfolg der Mission

Trump erklärte kurze Zeit später in einer TV-Ansprache, die Anlagen seien komplett zerstört. „Operation Midnight Hammer“ sei ein voller Erfolg, ergänzte am Sonntag Verteidigungsminister Pete Hegseth – aber weder er noch Generalstabschef Dan Caine konnten bestätigen, dass wirklich alles zerstört worden sei. Man wisse es nicht.

Was der gesamten Regierungskommunikation allerdings extrem wichtig ist: Es handele sich um einen einmaligen Schlag, keine weiteren Militäraktionen seien geplant, und man versuche auch nicht, einen Sturz der iranischen Regierung herbeizubomben. Man werde allerdings, sagte Trump noch am Abend, mit fürchterlicher Gewalt auf jeden iranischen Angriff auf US-Amerikaner oder US-Stützpunkte reagieren.

Den in den vergangenen Tagen lautesten Ein­satz­geg­ne­r*in­nen aus dem MAGA-Lager schien es zunächst die Sprache zu verschlagen. Andere, die tendenziell dem gleichen Lager zuzuordnen sind, wiegelten ab. Der trumpistische Aktivist Charlie Kirk etwa, der mit seiner Organisation „Turning Point USA“ wesentlich zum Erfolg Trumps bei jungen Leuten beigetragen hat, sprach von einem „chirurgischen Eingriff“, den Trump „mit Umsicht und Entschlossenheit“ angeordnet habe.

Matt Gaetz, früherer Abgeordneter aus Florida, der ebenfalls vor der Verwicklung der USA in einen neuen Endloskrieg gewarnt hatte, schrieb auf X, der Angriff bedeute nicht zwangsläufig einen längeren Konflikt und verglich den Einsatz mit der Ermordung des iranischen Generals Qassem Soleimani während Trumps erster Amtszeit im Januar 2020. „Einmal und fertig“, „schrieb Gaetz, „kein Krieg für Regime Change. Trump der Friedensbringer!“

Während republikanische Führungsfiguren schnell ihre Zustimmung zum Militärschlag erklärten, äußerten sich demokratische Abgeordnete und Se­na­to­r*in­nen empört, dass Trump eine Militäraktion von dieser Tragweite ohne Zustimmung des Kongresses angeordnet hatte. Die linke Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez sieht darin sogar einen klaren Grund für ein erneutes Amtsenthebungsverfahren.

Niemand weiß, ob sich das Risiko auszahlt

Der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, wollte ein sofortiges Votum im Kongress über die Legitimität dieses Militärschlages. Der demokratische Senator Adam Schiff erklärte, da es keinerlei Hinweise darauf gebe, dass Iran tatsächlich kurz vor der Fertigstellung stehe, habe so eine Operation niemals angeordnet werden dürfen – schon gar nicht ohne die Zustimmung des Kongresses, der laut Verfassung das einzige Staatsorgan ist, was einem anderen Land den Krieg erklären kann.

Insgesamt allerdings scheint sich die politische Öffentlichkeit auf beiden Seiten derzeit noch zurückzuhalten. Erweist sich der Schlag als Erfolg, kommt es also nicht zur einer Kettenreaktion von iranischen Reaktionen und wiederum US-amerikanischen Gegenschlägen, dann will niemand gegen einen der größten außenpolitischen Erfolge gewesen sein.

Geschieht allerdings das Gegenteil, schließt also Teheran die Straße von Hormus mit allen Folgen für die Weltwirtschaft, kommt es zu US-amerikanischen Verlusten und einer neuen Kriegsspirale ohne erkennbarem Ende, will niemand dafür verantwortlich gemacht werden.

„Präsident Trump ist hier hohes Risiko gegangen, und niemand weiß bislang, ob sich das auszahlt, sagt der demokratische Senator Jack Reed aus Long Island. Und das ist die Schwachstelle: Ab jetzt hat Trump selbst es nicht mehr in der Hand, wohin sich der Konflikt entwickelt.

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