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Trojanows neuer EinreiseversuchEin kleiner Staatsfeind

Ilija Trojanow wurde die Einreise in die USA verweigert. Deutsche Politiker befürchten binationale Verstimmung. Der Autor beantragt derweil ein neues Visum.

Eine „typische Form der repressiven Dienstleistung“ herrsche in den USA, sagt der Schriftsteller Ilija Trojanow. Bild: dpa

STUTTGART/WIEN dpa | Der Schriftsteller Ilija Trojanow (48) plant einen neuen Einreiseversuch in die USA. „Ich werde ein Visum beantragen“, sagte Trojanow der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch nach seiner Landung in Stuttgart. Er wolle die jüngste Weigerung der US-Behörden, ihn in die USA einreisen zu lassen, nicht auf sich beruhen lassen.

Der Vorgang sei für ihn „sinnbildlich und exemplarisch“ für größte Intransparenz. Es seien ihm keinerlei Gründe genannt worden. Trojanow („Der Weltensammler“) hatte am Montag vom brasilianischen Salvador de Bahia aus in die USA fliegen wollen, um in Denver auf einer Germanisten-Konferenz aufzutreten. Beim Einchecken war ihm untersagt worden, die Maschine in die USA zu betreten.

Es gebe eine mittlerweile „typische Form der repressiven Dienstleistung“, kritisierte Trojanow. Eine brasilianische Firma, die für eine US-Airline arbeite, die wiederum im Sinne der US-Behörden agiere – diese Kette führe dazu, dass einem letztlich sogar Kommunikation verweigert werde, sagte Trojanow, der in Wien lebt und seit Jahren ein scharfer Kritiker staatlicher Überwachung ist.

Von der Bundesregierung erwartet der Schriftsteller keine Unterstützung schon aufgrund ihres Verhaltens in der NSA-Affäre. Die Bundesregierung agiere angesichts der Sorgen ihrer Bürger vor Überwachung mit „undemokratischer Grobheit“, spielte Trojanow auf eine Petition von 70 000 Menschen an, die das Kanzleramt nicht einmal formal beantwortet habe.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil forderte die USA auf, das Einreiseverbot für Trojanow konkret zu begründen. „Hier ist jemand, der sich politisch engagiert, der sich intellektuell eingebracht hat, auch in die Frage NSA, und hier tun die Amerikaner gut daran, Gründe zu benennen, warum er nicht einreisen darf“, sagte der netzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. „Und ich erwarte auch, dass sich das Auswärtige Amt in diesen Fall einschaltet“, fügte Klingbeil hinzu. Trojanows Fall könne andernfalls „zu einer großen Irritation“ zwischen beiden Staaten führen.

Trojanow meinte, die aktuelle Zurückweisung könne sein generelles Verhältnis zu den USA nicht trüben. „Das ist intensiv und gut.“ Auch dank vieler Freunde, die von der Entwicklung in Richtung Überwachung noch viel mehr geschockt seien als er. „Ich bin kein dumpfer Anti-Amerikanist“, versicherte der Autor.

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5 Kommentare

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  • AU
    Andreas Urstadt

    Deliberative Politik ist, wenn Leute sich nicht hinter Aufrufe usw scharen.

     

    Da fehlt die Empathie mit den Fakten. Dass naemlich Viele unabhaengig von Frontleuten sich bei Merkel beschwert oder angefragt haben mit eigenen Formulierungen. Es kann niemand von denen weniger wichtig sein. Oder dran vorbei gewunken werden.

     

    Diese Leute sind organisch, echt und die Dinger kommen aus allen Richtungen ohne Kalkuel dahinter. Die sind viel weniger kontrollierbar. Sind das die Nanostaatsfeinde?

     

    Generation Y heisst eigentlich, keine Hierarchien (ergo keine Betufsaufrufer), kein Hintenrum und jeder hat das selbstformulierte Wort und Gehoer. Ohne Privilegien. Das alles passierte i Z Merkelanfragen im Juni und davor schon sofort. Wie kann man das nicht wichtig nehmen!

     

    Wortfuehrer usw sind keine kleinen Staatsfeinde, sondern die Ersatzkanzler, hinter die sich bestimmte Leute scharen. Deliberativ ist das nicht. Auch nicht deren Promoter.

  • AU
    Andreas Urstadt

    ps

     

    Zeuge ist bspw auch das Buero von Merkel, die ja wissen, wer sich sofort engagierte, das fuehrte ja auch zu Antworten und wurde beantwortet.

     

    Was angestrengt ignoriert wird, von denen, die da eben nicht anfragten.

     

    Merkel bekam sofort eine ganze Menge Anfragen, Protest usw lange bevor Vorzeigeaktivisten ueberhaupt reagierten.

  • AU
    Andreas Urstadt

    Merkel hat sich im Juni geaeussert, als anderen anderes wichtiger war, wie auch ersichtlich ist. Man kann sehen, was heutige Wortfuehrer damals machten, naemlich wochenlang konzentriert auf anderes waren. Merkel reagierte laengst und antwortete.

     

    Wer auskeilt, muss auch einstecken, es sind die Fakten. Ob jemand mal ein Buch geschrieben hat, blieb dahin gestellt, es war nicht motivationsleitend. Das ist elektronisch verfolgbar, auch wann erst das Engagement anfing. Die Leute machten oeffentlich was andres und der Job war viel wichtiger. Reagiert wurde richtig erst Monate spaeter.

     

    Merkel kann man daraus gar nicht mehr angreifen, es ist auch weinerlich.

  • J
    Johnny

    Meine Güte, wieder mal journalismus auf Sparflamme.

    Trojanows Angaben auf dem Formular entsprachen nicht der Wahrheit. Das ist bei der späteren Prüfung dann aufgefallen und entsprechend wurde die Einreise verweigert.

     

    Aber man kann daraus natürlich auch eine internationale Krise machen ...

    • W
      widerborst
      @Johnny:

      Old Conny :" junger Mann, da wissen'se mehr als ich…"

       

      Was bitte war das, wo find ich dazu - was?