Treitschkestraße: Nächstes Mal mit besseren Argumenten
Die basisdemokratische Anwohnerbefragung in Steglitz ergibt das falsche Ergebnis. Gelten muss es trotzdem, sonst kann man sich Bürgerbeteiligung ganz sparen
S ind die alle doof in der Treitschkestraße, dass da so viele eine Umbenennung ablehnen? Hat der Straßenname abgefärbt, und alle Anwohner sind Rassisten? Sind die nur zu faul, sich auf eine neue Adresse und den Bürokratieaufwand einzulassen? Oder haben die durchaus nachgedacht und folgen der CDU-Argumentation, der Straßenname müsse aus seiner Zeit heraus gesehen werden?
Antworten auf diese Fragen liegen nicht vor. Bei der Anwohnerabstimmung über die Treitschkestraße in Steglitz gab es keinen Begleitzettel, auf dem Gründe anzukreuzen waren. Das ist auch gut so. In einer Demokratie muss man zum Wählen 18 Jahre alt und mündig sein, nicht aber in irgendeiner Form qualifiziert – bei einer Bundestagswahl darf auch jeder ungestraft die NPD wählen. „Die Demokratie ist eine schlechte Staatsform, aber ich kenne keine bessere“, soll Winston Churchill mal gesagt haben.
Aus Jux angekreuzt
Egal ob Churchill das gesagt hat oder nicht: Der Satz stimmt. Man kann sich noch so ärgern, dass man selbst seine Wahlentscheidung nach ausführlicher Information getroffen, der Nachbar hingegen aus Jux blind eine Partei angekreuzt hat. Was wäre die Alternative? Wissens- und Gewissenstest vor Aushändigen des Wahlscheins – auf dass diejenigen ohne Zugang zu Bildung nicht mitstimmen dürfen?
Von dem berühmten Fotografen und Kriegsreporter Robert Capa, um noch mal jemanden zu zitieren, stammt der Satz: Ist dein Bild nicht gut genug, warst du nicht nah genug dran. Für die politische Auseinandersetzung gilt Ähnliches: Kannst du dich nicht durchsetzen, waren deine Argumente nicht überzeugend genug.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig