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Treffen von AtomkraftfetischistenBrokdorfer Mottenkiste

Die Atomlobby plant eine „Anschalt-Konferenz“ in Berlin. Neun abgeschaltete AKWs sollen nach ihrer Vorstellung reaktiviert werden.

Schnapsidee: Atomkraftfans würden gerne das 2021 stillgelegte AKW Brokdorf wieder in Betrieb nehmen lassen Foto: Georg Wendt/dpa

Göttingen taz | Die Atomlobby lässt nicht locker. Für den 22. Mai planen der Verein „Nuklearia“ und die „Radiant Energy Group“ im Berliner Luxushotel de Rome eine „Anschalt-Konferenz“ mit internationaler Beteiligung. „Kernkraft für Deutschland – jetzt!“, ist die Einladung überschrieben, und weiter heißt es: „9 Kernkraftwerke reaktivieren. Wirtschaft retten. Klimaziele erreichen.“

Die Energiewende mit dem Ziel „100 % Erneuerbare“ habe Deutschland an den Rand des wirtschaftlichen Abgrunds geführt, behaupten die Veranstalter. Schuld daran seien die hohen Energiepreise, die im Wesentlichen zurückgingen auf den Ersatz planbarer, preiswerter Kernkraft durch die wetterabhängigen Energiequellen Wind und Solar, unterstützt durch fossile Gas-Importe.

Unter den angekündigten Red­ne­r:in­nen sind Ex-Familienministerin Kristina Schröder (CDU), die Technik-Historikerin Anna Veronika Wendland, der Geschäftsführer der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft, Achim Jansen-Terstegen und der italienische Atomanwalt („Avvocato dell’Atomo“) und Publizist Luca Roma, der in seinem Heimatland über etliche Social-Media-Kanäle kräftig Stimmung für Atomkraft macht.

Konkret die Kraftwerke Brokdorf, Emsland und Grohnde könnten schon innerhalb von ein bzw. drei bis vier Jahren wieder Strom liefern, verkünden die Veranstalter. Sechs weitere Anlagen wären innerhalb von sechs bis acht Jahren wieder betriebsbereit: „Das ist technisch möglich, dabei preiswerter und schneller als ein Neubau.“

Eine Provokation gegenüber der Anti-AKW-Bewegung

Tatsächlich befinden sich alle stillgelegten AKWs längst im Rückbau. Zudem haben die deutschen AKW-Betreiber abgewinkt, sie sind vor allem aus wirtschaftlichen Gründen an einer Wiederbelebung der Reaktoren nicht interessiert.

Dass ausgerechnet Brokdorf als Kandidat für eine Wiederinbetriebnahme genannt wird, ist durchaus als politische Provokation der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung zu verstehen. Das AKW an der Unterelbe stand wie kein zweites für den durch den Ausstieg leidlich befriedeten Großkonflikt um die Atomkraftnutzung. Ende 2021 wurde Brokdorf endgültig stillgelegt. Betreiber Vattenfall prüft am Standort derzeit die Errichtung eines leistungsfähigen Batteriespeichers.

Anders als vor der Wahl von der Union lautstark gefordert, will die neue Bundesregierung bis auf Weiteres keine Rückkehr Deutschlands zur Nutzung von Atomenergie prüfen. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD finden sich keine Regelungen zum Thema Atomausstieg. Die letzten drei Atomkraftwerke sind vor zwei Jahren vom Netz gegangen.

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5 Kommentare

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  • Solange keine Energiespeicher vorhanden sind um Dunkelflauten zu überbrücken werden Kohle, Gas und zum Teil sogar Öl verwendet um diese zu überbrücken. Mehr als 3/4 des deutschen Primärenergiebedarfs wird durch fossile Energieträger gedeckt, Weltweit ein ähnliches Bild. Was ist wichtiger, den CO2/KWh senken oder keine Atomkraft? So langsam könnten die ewig Gestrigen, die, die damals schon in Brokdorf dabei waren, mal in den Hintergrund treten.

    • @Nachtsonne:

      Ewig gestrig ist einzig Ihr Kommentar.

      • @Erwin1.:

        Hörten Sie vielleicht auch Argumente, die ihre Meinung unterstützen? Dann können wir sogar darüber sprechen.

  • Wäre sicher nicht verkehrt wenn Wissenschaftler und Ingeneure aus dem Bereich mit am Tisch säßen.



    Aber vermutlich will man deren Wahrheiten garnicht hören.

    Denn dann wäre die Veransteltung sofort zu Ende.

  • Interessant, womit manche Menschen ihr Geld verdienen. Vielleicht sollte ich mir auch ein verantwortungsloses aber lukratives Influencer-Positiönchen suchen...