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Trainer in der Fußball-BundesligaRituelles Süßholzraspeln

Die Übungsleiter der Bundesligisten überschütten sich gegenseitig mit Komplimenten. Die Zeiten handfesten Streits vor Publikum sind vorbei.

Es ist Liebe: Freiburgs Trainer Christian Streich herzt Hoffenheims Alfred Schreuder Foto: Jan Huebner/imago

K ein Spieltag ohne Liebeserklärung. Gerne auch vorab. So gestand Leipzigs Julian Nagelsmann am Donnerstag vor dem Aufeinandertreffen mit seinem Bremer Kollegen, ihn, Florian Kohfeldt, als einen „der fähigsten Trainer, die wir haben“ zu schätzen. Menschlich sowieso. Natürlich würde er derzeit mit ihm mitleiden, da er so weit hinter seinen Zielen hinterherhinke. Und treffen würde er ihn jederzeit gern, wenn das eben nicht mit einem Medienauflauf verbunden wäre. Er schlug scherzhaft ein Blind Date in einer dunklen Ecke vor.

Düsseldorfs neuer Coach Uwe Rösler lobpreiste vor dem Derby gegen Gladbach, dass Marco Rose in deren Spiel große Flexibilität hineingebracht habe, und verriet, man habe zusammen noch einen guten Freund in Leipzig aus gemeinsamen Zeiten als Spieler. Geradezu liebreizend war das Aufeinandertreffen letztes Wochenende zwischen Hoffenheims Trainer Alfred Schreuder und Christian Streich in Freiburg. Nach der unglücklichen Niederlage drängte es Schreuder zu allerst zu einem grundsätzlichen Bekenntnis: „Ich muss meinen Kollegen beglückwünschen, weil ich liebe ihn einfach.“ Der Hofierte gab die Blumen umgehend zurück: „Dankeschön, Alfred. Mir geht’s auch so.“

Willkommen in der Bullerbü-Bundesliga, welch Idyll! Vorbei sind die Zeiten, als sich Jupp Heynckes mit hochrotem Kopf und Christoph Daum mit wildem Blick vor großem Fernsehpublikum bekriegten. Geradezu undenkbar Szenen, wie sie sich einst auf einer Pressekonferenz in Bremen ergaben, als Udo Lattek einmal über den zwei Stühle neben ihm sitzenden Otto Rehhagel sagte: „Wir haben überhaupt kein Verhältnis.“ Oder Armin Veh über Winfried Schäfer erklärte: „Ihn kann ich nicht leiden, über ihn ist jedes Wort zu viel.“

Historische Sticheleien

Die Konkurrenten um die Trainerposten in der Eliteklasse gingen häufig nicht zimperlich miteinander um. Mittlerweile nimmt man mit rüpelhalftem Benehmen oder zur Schau getragengen Arroganz eine exklusive Position ein. Nicht ganz zufällig ist das etwa im Fall von Tottenham-Coach Jose Mourinho so. Vor 20 Jahren hätte er sich den Beinamen „The Special One“ noch gar nicht leisten können. Es ist nicht auszuschließen, dass mitunter Sympathie im Spiel ist, wenn sich Trainerkonkurrenten begegnen.

Ähnliche Lebens- und Leidenserfahrungen verbinden. Doch der rituelle Charakter des Süßholzraspelns vor und nach jedem Spieltag, diese notorische Lobhudelei hat auch etwas Ermüdendes. Es ist das nach Diplomatenhandbuch eingeübte Polieren des Hochglanzprodukts Fußball-Bundesliga. Das Echte ist vom Unechten kaum noch zu unterscheiden.

Ausnahmen gibt es freilich auch in der Bundesliga. Sticheleien von Jürgen Klinsmann wehrte jüngst Schalkes Trainer David Wagner bemerkenswert barsch ab: „Was juckt es die Eiche, wenn die Sau sich an ihr reibt?“ Aber bevor sich da irgendeine fruchtbare Fehde hätte entwickeln können, hat sich Klinsmann aus der Bullerbü-Bundesliga schon davongestohlen.

Mal sehen, von welchem Trainer wir welches Liebesbekenntnis an diesem Spieltag zu hören bekommen. Es wird schon wieder eine Saison voller Valentinstage werden.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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