Touristische Nutzung von Nationalparks: Spaniens neue Spaßoasen
Ein neues Gesetz gibt Reiseunternehmen mehr Freiheiten in spanischen Naturparks. Gesperrte Wasserbereiche dürfen nun mit Booten befahren werden.
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MADRID taz | Die 15 Nationalparks in Spanien werden künftig nicht nur geschützt – sie sollen auch „zum Genießen“ da sein. Damit begründet die konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy ein Gesetz, das die touristische Nutzung der Parks zulässt. Zum Entsetzen der Umweltschutzorganisationen, denn diese fürchten um den Erhalt der wertvollen Landschaften.
Künftig dürfen Tourismusunternehmen auf bisher gesperrten Flussabschnitten mit Motorbooten Touristen herumschippern, wie auf dem Tajo im Nationalpark Monfragüe im Südwesten Spaniens. Im Nationalpark Guadarrama, einer Gebirgskette nahe der Hauptstadt Madrid, sollen alle Flugaktivitäten ohne Motor zugelassen werden. Paraglider und Segelflieger wären dort also künftig zugelassen. Außerdem können die Parkverwaltungen künftig zusätzliche Jagdlizenzen vergeben, um den Tierbestand zu kontrollieren.
Die konservative Partei Partido Popular nutzte die absolute Mehrheit im Parlament, um die Lockerung des Parkschutzes im Alleingang zu verabschieden. Das Gesetz stammt aus der Feder des ehemaligen spanischen Landwirtschafts- und Umweltminister Miguel Arias Cañete, der jetzt als Energie- und Klimakommissar in der EU vorgesehen ist. Die gesamte Opposition lehnt das Gesetz ab. Und auch der Staatsrat, der Gesetzesvorhaben überprüft, bevor sie dem Parlament vorgelegt werden, wies den Text komplett zurück.
„Die geschützten Gebiete werden immer mehr zu thematischen Vergnügungsparks“, beschwert sich der Sprecher der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción, Theo Oberhuber. Diese Entwicklung hat auch ohne das Gesetz bereits begonnen: Seit die Sierra de Guadarrama bei Madrid vor vier Jahren zum Nationalpark wurde, werden immer mehr Sportveranstaltungen wie Crossläufe ausgetragen.
Das neue Gesetz, dass die Nationalparks für Tourismusunternehmen öffnet, werde diese Entwicklung noch verstärken, befürchtet Oberhuber. Tierschutzverbände wie Seo oder der WWF kritisieren auch die neue Regelung der Jagd. Die Kontrolle der Tierbestände dürfe nicht den Jägern überlassen werden, sondern müsse von der Parkverwaltung gewährleistet werden.
Ein Paragraf des neuen Gesetzes verwundert die Umweltorganisationen zudem: Künftig sollen große Geldgeber die Parks finanziell unterstützen. Wozu das dienen soll, weiß keiner so recht. „Wer investiert, will was dafür“, ist sich Oberhuber sicher. „Vielleicht den Parks den Firmennamen geben?“
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