Toter im RAW-Kiez: War der Getötete Flüchtling?
Der in Friedrichshain erstochene Mann sei einer der früheren Oranienplatz-Besetzer gewesen, sagt eine Flüchtlingsgruppe.
Bei dem Mann, der in der Nacht auf Samstag am RAW-Gelände in Friedrichshain erstochen wurde, soll es sich um einen der Flüchtlinge handeln, die bis vor knapp zwei Jahren den Kreuzberger Oranienplatz besetzt hatten. Das behauptet jedenfalls ein Facebook-Post der Gruppe „Lampedusa Berlin“. Sie besteht aus ehemaligen OranienplatzbesetzerInnen, vor allem Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern, die über das Mittelmeer und die Insel Lampedusa nach Europa kamen. „Wir trauern um Yusuf, welcher letzten Freitag nähe Warschauer Straße ermordet wurde“, heißt es da.
Der Post macht den Senat für den Tod des Nigerianers verantwortlich, weil der die mit den PlatzbesetzerInnen im April 2014 getroffene Vereinbarung über die erneute Prüfung von deren Aufenthaltssicherung in Deutschland nicht eingehalten und so „nicht nur Yusuf in eine menschenunwürdige Situation gebracht“ habe. Der habe nicht mehr gewusst, wo er schlafen könne.
Die Polizei will die Identität des Toten nicht bestätigen, da „wir nie Angaben zu Einzelpersonalien machen“, wie ein Sprecher sagt.
Taina Gärtner, Grüne Bezirksverordnete in Friedrichshain-Kreuzberg und Unterstützerin von Lampedusa Berlin, bestätigt der taz gegenüber aber die Identität des Opfers. Mitglieder der Gruppe hätten dieses bereits bei der Polizei identifiziert. Derzeit werde eine Trauerfeier für das Gewaltopfer vorbereitet, „auch um ihm seine Würde zurückzugeben und ihn aus diesem Kontext wieder herauszuholen“, so Gärtner. Medien hatten den Getöteten mit Drogenhandel in Verbindung gebracht. Dabei habe der „nicht einmal Zigaretten geraucht“, so Gärtner: „Yusuf hat nichts mit dem Drogenmilieu zu tun gehabt.“ Er habe an dem Abend einen Freund treffen wollen, der ihm einen Schlafplatz angeboten hatte. Yusuf habe zu den Unterzeichnern des Oranienplatzabkommens gehört.
Darin hatte der Senat nach Verhandlungen zwischen Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) und den PlatzbesetzerInnen diesen zugesichert, ihre Asylanträge „im Rahmen aller rechtlichen Möglichkeiten“ neu zu prüfen. Innensenator Frank Henkel (CDU) erklärte das Papier später für ungültig: Ein von ihm in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kam zu dem Schluss, er selbst als zuständiger Senator hätte unterschreiben müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja