Tote durch Listerien in Wilke-Fleisch: Hinz und Wurst
Hessens grüne Verbraucherschutzministerin fordert mehr Befugnisse für ihre Behörde. Vor einem Ausschuss musste sie Versäumnisse einräumen.
Die Rechte der Fachaufsicht bei den Städten und Landkreisen seien nicht ausreichend, sagte Hinz. Sie forderte auch, das Weisungsrecht des Ministeriums zu stärken. In der kommenden Woche befassen sich die VerbraucherschutzministerInnen von Bund und Ländern mit dem Wurst-Skandal, sagte Hinz.
Sie musste allerdings auch Versäumnisse einräumen. Bereits am 12. August hatte nämlich das Bundesamt für Verbraucherschutz das hessische Ministerium über den Verdacht informiert, dass Produkte des nordhessischen Unternehmens für die Erkrankungen mit Listerien des Typs „Sigma 1“ verantwortlich sein könnten. Wegen eines „personellen Engpasses“ sei dieser Hinweis erst eine Woche später an die zuständige Kreisbehörde Waldeck-Frankenberg weitergeleitet worden, so die Ministerin. Seit dem 26. September stand fest: Die tödlichen Keime stammen aus dem Betrieb in Twistetal-Berndorf.
Erst eine Woche später will die Ministerin selbst von diesem brisanten Nachweis erfahren haben. Weiter mahlten die Mühlen langsam. Zwei Wochen lang versuchten die Behörden, die Probleme mit Auflagen in den Griff zu bekommen. Erst am 1. Oktober, zehn Tage nach dem „Beweis“ durch das Robert-Koch-Institut, wurde Wilke geschlossen. Immerhin habe nach dem 20. September keine Ware mehr den Betrieb verlassen, der nicht auf Listerien untersucht worden sei, versicherte die Ministerin.
Lebensmittelkontrolleure über Wilke
Es zeigte sich, dass es in der Firma seit Langem Mängel gegeben haben muss. Am 4. September hielten Lebenskontrolleure fest: „Der Raum war gefüllt mit völlig vergammelter Ware, Schimmel, Fäulnis, Gestank.“ Der Boden sei mit einer stinkender Flüssigkeit bedeckt gewesen. „Durch diese Flüssigkeit fuhr man Waren nach draußen.“
„Ekelerregende“ Zustände
Als „ekelerregend“ bezeichnete auch die Ministerin die Fotos, die die Zustände dokumentieren. Allein schon wegen der Hygiene- und Baumängel habe man den Betrieb schließen müssen, sagte die Ministerin: „Es war allerhöchste Eisenbahn.“ Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen den Geschäftsführer des Unternehmens.
Abgeordnete aller Landtagsparteien wunderten sich, dass die Mängel nicht längst aufgefallen waren. Von „Totalversagen auf allen Ebenen“ sprach der AfD-Abgeordnete Gerhard Schenk. Für die SPD stellte Knuth John fest, die Behörden hätten die Mängel früher erkennen und abstellen müssen.
Die zurückgerufenen Produkte des inzwischen insolventen Herstellers wurden unter zahlreichen Marken und Namen vertrieben. Alle tragen die Nummer DE EV 203 EG.
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