Tödliche Messerstiche in Chemnitz: Stadtfest soll 2019 nicht stattfinden
Im August wurde Daniel H. in Chemnitz am Rande des Stadtfests erstochen. Dieses Jahr soll die Veranstaltung ausfallen, auch aus Imagegründen.
„Eine Wirtschaftlichkeit sowie der imageprägende und identitätsstiftende Sinn und Zweck eines Stadtfestes“ seien nicht mehr gegeben, hieß es in einer Mitteilung der CWE auf Facebook. Grund für die Absage sei, dass das Stadtfest 2018 stark mit dem Tod des 35-jährigen Daniel H. und den darauf folgenden Ereignissen verbunden sei – und somit „das Image dieses Festes nachhaltig negativ besetzt wurde“.
Daniel H. war im Vorjahr am Rande des Stadtfestes am 26. August erstochen worden. Zwei Geflüchtete sollen den gebürtigen Chemnitzer getötet haben. Die Tat hatte in der Stadt fremdenfeindliche Übergriffe, rechte Demonstrationen mit zahlreichen Straftaten, Angriffe auf Migrant*innen sowie Anschläge etwa auf ein jüdisches Restaurants ausgelöst. Seit vergangenem Montag muss sich ein tatverdächtiger Syrer unter anderem wegen Totschlags vor dem Landgericht Chemnitz verantworten. Am Wochenende berichtete die taz ausführlich zur aktuellen Situation in Chemnitz.
Auf einer Pressekonferenz nannte am Mittwochmittag Sören Uhle, Geschäftsführer der CWE laut einem Bericht der Freien Presse neben wirtschaftlichen vor allem sicherheitspolitische Gründe. Es wären in diesem Jahr mehr Sicherheitskräfte notwendig geworden, was wiederum auch höhere Kosten bedeutet hätte. Für die entsprechenden Mehreinnahmen hätte man jedoch neue Sponsoren finden müssen. Dies sei nicht der Fall gewesen, sagte Uhle. Offen ließ er, ob es das Stadtfest in seiner bisherigen Form wieder geben werde.
Auf Facebook reagierten Nutzer*innen größtenteils negativ auf die Entscheidung der CWE, das Stadtfest abzusagen. Nur wenige zeigten Verständnis, viele äußerten Bedauern. Eine Person schrieb etwa: „Absolut falsches Zeichen“. Weitere Kommentator*innen empörten sich – auch auf rassistische, polemisierende Weise: „Stück für Stück lassen wir uns erst unsere Kultur, unsere Stadt, unser Land und zum Schluss unser Leben nehmen.“ Das rechtsextreme „Pro Chemnitz“ deutete auf seiner Facebookseite außerdem an, möglicherweise ein eigenes Stadtfest zu veranstalten.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung