Tödliche Medienfreiheit in Russland: Journalist stirbt nach Überfall

Repressalien gegen wahrheitsliebende Journalisten stehen in Russland auf der Tagesordnung. In Chimki ist wieder einer von ihnen überfallen worden - diesmal mit tödlichem Ausgang.

"Reporter ohne Grenzen" demonstrieren gegen die gezielten Morde von Journalisten in Russland. Bild: dpa

Der Umweltjournalist Sergej Protasanow aus der bei Moskau gelegenen Kleinstadt Chimki ist den Folgen eines Überfalls erlegen. Dies berichten die Umweltschützerin Ewgenija Tschirikowa von der Umweltgruppe "Rettet den Wald von Chimki" und Oleg Mitwol, Vize der russischen Umweltschutzbehörde Rosprirodnadsor und Vorsitzender der russlandweit tätigen Umweltschutzbewegung "Grüne Alternative".

"Sergej war Invalide, hatte nur einen Arm", so Mitwol in der russischen Internet-Agentur "rosbalt.ru". Er habe für die nächste Ausgabe der oppositionellen Zeitung Grashdanskoe Soglasie über die Unregelmäßigkeiten bei den jüngsten Wahlen zum Oberbürgermeister der Stadt Chimki recherchiert. Ein anonymer Anrufer hatte Protasanows Frau am Sonntag mitgeteilt, dass ihr Mann bewusstlos auf dem Jubilejnij-Prospekt in Chimki liege. Am Montag ist er 40-jährig im Krankenhaus gestorben.

Der Überfall auf Sergej Protasanow sei nicht der erste tätliche Angriff auf einen Oppositionellen in der Kleinstadt gewesen, so Mitwol, doch der erste mit tödlichem Ausgang.

Umweltaktivisten und oppositionelle Journalisten hatten in Chimki immer wieder gegen die Pläne der lokalen Behörden und des am 1. März wiedergewählten Bürgermeisters Wladimir Strelchenko, weite Teile des einzigartigen Waldes um die Stadt einer Autobahn zu opfern, protestiert und demonstriert. Im August letzten Jahres hatten Umweltschützer in dem zu rodenden Gebiet ihre Zelte aufgeschlagen und mehrere Tage vom Camp aus Aktionen gegen die Rodungspläne gestartet.

Doch auf die Kritiker der Rodungspläne wurde großer Druck ausgeübt. Von bisher drei kritischen Zeitungen erscheint nur noch die Grashdanskoe Soglasie. Nach dem Mord an Protasanow wird sich jedoch das Erscheinen der nächsten Ausgabe auf unbestimmte Zeit verschieben.

Der Chefredakteur der Grashdanskoe Soglasie, Anatoli Jurow, war dreimal überfallen worden, einmal hatte man ihn mit zehn Messerstichen verletzt. Dem Chefredakteur des ebenfalls die Rodungspläne ablehnenden Grashdanskij Forum, Juri Granin, wurde der Unterkiefer gebrochen. Nach dem Überfall auf Granin und einen Kollegen hatten sich die Herausgeber des Grashdanskij Forum entschlossen, das Blatt einzustellen.

Im November 2008 wurde Michael Beketow, Besitzer und Chefredakteur der Chimskaja Prawda, bei einem Überfall schwer verletzt. Zwei Wochen lag Beketow im Koma, ein Bein musste amputiert werden.

Der Journalist hatte sich gegen die Abholzung eines 1.000 Hektar großen Waldstücks, das einer Schnellstraße von Moskau nach Sankt Petersburg weichen soll, gewehrt.

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