Todesstrafe im Iran: Exekutionen nehmen exponentiell zu
Bis zu 1.000 Menschen könnten 2015 im Iran hingerichtet werden, kritisiert ein UN-Bericht. Auch Regimekritiker erfahren harte Urteile.
Die Hoffnung, mit dem Amtsantritt der moderateren Regierung von Hassan Rohani werde sich die Lage der Menschenrechte im Iran verbessern, hat sich nicht bestätigt. Laut Schaheed haben seit 2005 die Exekutionen „exponenziell“ zugenommen. In keinem Land der Welt würden im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr Menschen hingerichtet als im Iran, heißt es in dem Bericht.
Bei den meisten Hingerichteten handelt es sich um Drogenschmuggler oder Drogenkonsumenten. Aber auch in zahlreichen anderen Fällen wurden Todesstrafen verhängt. Zwei der jüngsten Fälle riefen weltweit Proteste hervor, weil die Hingerichteten zur Tatzeit minderjährig waren.
Fatemeh Salbehi war mit 16 Jahren mit einem wesentlich älteren Mann zwangsverheiratet worden. Mit siebzehn hatte sie den Mann getötet. Sie wurde bereits vor fünf Jahren zum Tode verurteilt. Doch vor zwei Jahren wurde der Prozess noch einmal aufgenommen, weil eine Reform des Strafgesetzbuchs die Todesstrafe für Minderjährige untersagte.
Aber Salbehi wurde erneut zum Tode verurteilt, weil der Richter der Meinung war, dass Salbehi zur Tatzeit reif genug gewesen sei, um die Folgen ihrer Tat einschätzen zu können. Sie wurde am 13. Oktober hingerichtet. Eine Woche zuvor wurde das Todesurteil gegen Samad Sabri in der Stadt Kermanschah vollstreckt. Er hatte bei einer Auseinandersetzung einen Schäfer getötet. Damals war er 17 Jahre alt.
Ungewöhnlich harte Urteile
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon legte scharfen Protest gegen die Hinrichtung ein. Iran habe die UN-Konvention über die Rechte der Kinder und Minderjährigen unterzeichnet, die die Todesstrafe gegen Minderjährige untersage, erklärte er. Er forderte Iran auf, die zunehmenden Hinrichtungen zu beenden und die Todesstrafe abzuschaffen.
Nicht nur verurteilte Kriminelle sind von harten Strafmaßen betroffen. Auch gegen unliebsame Künstler, Schriftsteller, Regimekritiker und Journalisten fällt die Justiz, die sich in der Hand der Ultrakonservativen befindet, in letzter Zeit harte Urteile, die selbst für iranische Verhältnisse ungewöhnlich sind.
Der Filmemacher Keywan Karimi wurde allein wegen einer Idee zu einem gesellschaftskritischen Film zu sechs Jahren Haft und 222 Peitschenhieben verurteilt. Am 13. Oktober verurteilte das Revolutionsgericht die Lyrikerin Fatemeh Ekhtesari zu elfeinhalb Jahren Gefängnis und 99 Peitschenschlägen und den Lyriker Mehdi Mussavi zu 9 Jahren Gefängnis und 99 Peitschenhieben. Ihnen wurde vorgeworfen, mit dem im Ausland lebenden iranischen Sänger Schahin Naschafi in Verbindung zu stehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP