Tod von „Buffy“-Schauspielerin: Wenn Fans toxisch werden
Am Mittwoch starb die 39-jährige „Buffy“-Schauspielerin Michelle Trachtenberg. Fans hatten über Jahre hinweg ihr kränkliches Aussehen kommentiert – und nichts gelernt.
S ie war das, wofür es im Englischen den schönen Begriff scene-stealer gibt. Für den großen Durchbruch hat es nicht ganz gereicht, aber wenn sie zu sehen war, zog sie alle Aufmerksamkeit auf sich. Am Donnerstag wurde bekannt, dass die Schauspielerin Michelle Trachtenberg im Alter von nur 39 Jahren verstorben ist. Die Kommentare zu ihrem Aussehen, die man in den Jahren zuvor auf Social Media lesen konnte, machen dabei deutlich, wie übergriffig Fans mitunter sein können.
Gerade der Millennialgeneration wird Trachtenberg als Buffys kleine Schwester Dawn, die in der fünften Staffel der „Buffy“-Serie überraschend auftaucht, und als die scharfzüngige und intrigante Georgina Sparks in „Gossip Girl“ in Erinnerung bleiben. In den vergangenen Jahren war es ruhig um sie geworden. Trachtenberg machte primär wegen ihres ausgemergelten Aussehens Schlagzeilen.
Im Kommentarfeld ihres Instagram-Kanals wurde spekuliert über Alkohol- oder Drogensucht, missglückte Schönheits-OPs, ob sie magersüchtig oder sonst krank sei. Das ging so weit, dass sich Trachtenberg dazu gezwungen sah, im Januar 2024 zu posten: „Ich habe in letzter Zeit mehrere Kommentare zu meinem Aussehen erhalten. Ich hatte nie eine Schönheitsoperation, ich bin glücklich und gesund. Schaut mal auf euch selbst, Hater.“
Trifft oft Frauen
Dass man im Internet gerne darüber spekuliert, warum Promis plötzlich anders aussehen, ist derzeit bei Ariana Grande zu beobachten, die auf der Pressetour für den Film „Wicked“ auffällig dünn aussieht. Fans veranlasst das, Sorge über ihren Körper zu äußern, während Hater auf sexistische Weise über einen etwaigen Missbrauch des Schlankmachers Ozempic oder Essstörungen spekulieren.
Wann gehen Mutmaßungen dieser Art zu weit? Der Fall Trachtenberg zeigt: Eigentlich immer. Er erinnert an Chadwick Boseman. Der „Black Panther“-Hauptdarsteller wurde aufgrund von Fotos und Videos, die ihn sichtlich abgemagert zeigten, als „Crack Panther“ verspottet. Im August 2020 starb er an Darmkrebs, eine Diagnose, die er bereits 2016 erhalten, aber nie publik gemacht hatte. Online gelobten viele daraufhin Besserung, nicht mehr über Gesundheit oder Suchtmittelmissbrauch zu spekulieren – und wiederholen das gleiche Verhalten bei Trachtenberg und Grande.
Es ist verständlich, dass sich Fans beunruhigt zeigen, wenn ihre Stars nicht gesund wirken. Ein Aspekt dabei ist, wie diese Kommentare formuliert sind und welche Intention sich dahinter verbirgt. Aber auch bei gut gemeinten Intentionen stellt sich am Ende die Frage: Was genau erhoffen sie sich durch diese Kommentare? Glauben sie wirklich, sie könnten ihre Stars dadurch retten?
Wie so oft trifft das gerade Frauen, deren Körper einer ständigen Beurteilung durch die Öffentlichkeit ausgesetzt sind, weil sie einem Jugend- und Schönheitszwang unterliegen. Interessant dabei ist, dass, sobald die Sorge in Häme umschlägt und Hater aufs Tapet bringt, auch Männer in den Fokus gerückt werden können – siehe Boseman.
Sie war vermutlich krank
Und selbst bei ernster Anteilnahme gibt es Grenzen, innerhalb derer man diese kommuniziert: Auch Personen des öffentlichen Lebens stehen nicht in der Pflicht, ihre Gesundheitsprobleme offenzulegen; spätestens wenn sich Promis genötigt fühlen, darauf zu reagieren, sind sie erreicht. Scrollt man durch Trachtenbergs Instagram-Account, sieht man, dass bis vor wenigen Tagen ihr Aussehen weiterhin kommentiert wurde – sie musste sich bis zu ihrem Tod damit herumschlagen.
Warum Trachtenberg gestorben ist, wird man wahrscheinlich nie erfahren, die Familie hat sich gegen eine Autopsie entschieden. Bekannt ist, dass sie sich vor nicht allzu langer Zeit einer Lebertransplantation unterziehen musste, also vermutlich auch krank war.
Das große Comeback der Schauspielerin bleibt nun auf tragische Weise aus: Im Anfang Februar angekündigten Reboot von „Buffy“ hätte sie wohl eine der Hauptrollen übernommen. Serienschwester Sarah Michelle Gellar schrieb als Abschied in einem paraphrasierten Zitat aus dem Finale der fünften Staffel auf Instagram: „Michelle, hör mir zu. Hör mir zu. Ich liebe dich. Ich werde dich immer lieben. Das Schwierigste auf dieser Welt ist, in ihr zu leben. Ich werde tapfer sein. Ich werde leben … für dich.“
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