piwik no script img

Tod einer Zivilistin in AfghanistanSchwere Vorwürfe gegen Bundeswehr

Die afghanische Polizei beschuldigt deutsche Soldaten, bei einer Patrouille in Nordafghanistan eine Frau erschossen zu haben. Der Fall werde "mit Hochdruck" untersucht, so ein Bundeswehrsprecher.

Bundeswehrsoldat auf Patrouille nördlich von Kundus. Bild: rtr

BERLIN dpa/dapd/afp | Die afghanische Polizei hat der Bundeswehr vorgeworfen, eine Zivilistin getötet zu haben. Eine deutsche Patrouille habe bei einem Feuergefecht nahe Kundus am Mittwochmorgen auf Häuser von Zivilisten geschossen, sagte Provinzpolizeichef Abdul Rahman Sajedchili. Aus Sicht der Bundeswehr ist hingegen nicht geklärt, ob deutsche Soldaten für den Tod verantwortlich sind.

"Deutsche Soldaten, die in der Durman-Gegend im Distrikt Char Darah patrouillierten, eröffneten das Feuer", sagte der Polizeichef des Distrikts Chardara, Gulam Mahidin, am Donnerstag zum angeblichen Ablauf des Vorfalls. "In Folge wurde eine afghanische Frau erschossen und eine weitere verletzt." Er sprach von einem "Fehler" der Bundeswehr. Vermutlich sei die Getötete in ihrem Haus von einem Querschläger getroffen worden, die Verletzte habe sich außerhalb des Gebäudes aufgehalten.

Wie ein Bundeswehr-Sprecher in Kundus erklärte, habe direkt nach dem Vorfall bereits am Mittwochnachmittag ein Treffen des zivil-militärischen Aufbauteams mit Angehörigen und Polizeichef Mahidin stattgefunden. "Während des gesamten Gesprächs hat er keinerlei Kritik am Verhalten der deutschen Kräfte geäußert." Um den Vorfall aufzuklären, wurden sowohl von den afghanischen Behörden als auch der Nato und der Bundeswehr Untersuchungen aufgenommen. "Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet", so der Bundeswehr-Sprecher. Es sei noch nicht erwiesen, ob deutsche Soldaten für den Tod der Zivilistin verantwortlich seien.

Wie auch die afghanische Seite bestätigte, ging dem Tod der Zivilistin ein Angriff auf eine deutsche Patrouille voraus. Sieben Kilometer südwestlich von Kundus wurden die deutschen Soldaten unter anderem mit Panzerfäusten attackiert. Verletzte auf deutscher Seite gab es dabei jedoch nicht, so der Bundeswehr-Sprecher.

Die Nato und die Bundeswehr berichten übereinstimmend, dass später einer zweiten Patrouille von Einheimischen eine Frau mit einer tödlichen Kopfverletzung übergeben wurde, allerdings über einen Kilometer vom Ort des Gefechts entfernt. Diese Patrouille war offenbar an dem vorherigen Gefecht nicht beteiligt, so die Bundeswehr. Außerdem habe es sich bei der Kopfverletzung nicht um eine Schussverletzung gehandelt. Die Frau sei umgehend von einer deutschen Ärztin behandelt und zum Feldlazarett des Regionalen Wiederaufbauteams Kundus gebracht worden, wo sie jedoch an ihren Verletzungen starb.

Die zweite Zivilistin kam mit einer Splitterverletzung in ein afghanisches Krankenhaus. Dem Bundeswehr-Sprecher zufolge liege es bei ihrer Verletzung nahe, dass sie von dem Feuergefecht herrührt. Die Ermittlungen zu dem Vorfall dauern sowohl bei der Bundeswehr als auch bei der Nato noch an.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • T
    talibanfeind

    von end.the.occupation.143:

    Jagen Sie Ihre Taliban-Freunde dorthin wo sie hin gehören - zum Teufel nämlich. Deren "occupation" ist dann beendet und Soldaten, die ihr Bestmögliches tun, können nach Hause gehen. Afghanistan kann sich mit westlicher Hilfe kontinuierlich aufbauen und langsam aber gründlich die alten, verkommenen Strukturen - inklusiv Mohnanbau - ablegen, zum Wohle des Volkes.

  • FK
    Frau Kirschgrün

    Es gibt nur eine Entscheidung:

     

     

    R A U S

     

    A U S

     

    A F G H A N I S T A N

     

    ______________________

     

    N I E

     

    W I E D E R

     

    K R I E G

     

    ______________________

     

    NIRGENDWO und aus KEINEM Grund, schon gar nicht aus ausbeuterischen (gerne verlogenerweise wirtschaftlich oder unterstützend genannten) Gründen. Es gibt keine Argumente für Krieg. Nie.

  • E
    end.the.occupation.143

    Warum kommen hier jetzt nicht die von der israelischen Botschaft kostenfrei gelieferten Textbausteine? Ich würde hier die bekannte 'menschliche Schutzschild'-Story vorschlagen.

    Was auch immer gut geht, ist der 'Djihadist' - die Frau wollte garantiert sterben, das wollen die doch alle - und dazu die Geschichte mit den 72 Jungfrauen, obwohl das bei einer Frau vielleicht nicht so richtig zieht (hier muss Alice Schwarzer eingreifen).

     

    Gefallen hat mir immerhin die 'Hochdruck'-Formulierung. Wir erinnern uns an den Massenmord durch Major Klein, der freigesprochen wurde, weil ihm keine SUBJEKTIVE Mordabsicht nachgewiesen werden konnte.

    Also - falls einer Ihrer Angehörigen von einem deutschen Landser erschossen wird, dann immer die Audiospur mitliefern, wo der Junge seine Mordabsicht laut und gut verständlich ins Mikro spricht.

    Denn anderenfalls hat er nur unbewusst - a la Guttenberg - gemordet - also genau genommen gar nicht.

     

    Komisch auch, dass hier der reisserische BILD-slang fehlt, mit dem der Angreifer - perfide, kaltblütig etc. - auf dem Frankfurter Flughafen - wer erinnert sich nicht an die taz-Formulierung mit den 'angeblichen Greueltaten' - bedacht wurde.

    Der hatte immerhin keine Frauen erschossen.

  • F
    FAXENDICKE

    Wie lange noch werden unsere Soldaten dort sinnlos verheizt und Steuergelder unnütz verbraten nur um eine Bande von korrupten Dieben, Mördern, Waffen und Drogenhändlern, nämlich die afghanische Regierung zu schützen? Dass das Ganze sinnlos und vor allem nicht zu gewinnen ist, eine lange schon klare Sache. Raus dort und zwar sofort. Schlimm genug das eine Partei die mit der Friedensbewegung groß wurde zusammen mit der SPD diese Sauerei angezettelt hat.

  • T
    talibanfeind

    Natürlich. Die UN – Streitkräfte, in diesem Fall einmal wieder die Bundeswehr, die man mit schweren Vorwürfen bedenkt.

    Es ist fraglos sehr schlimm, wenn es zu zivilen Opfern kommt.

    Genau das aber ist perfides Kalkül der Taliban – Verbrecher, wenn sie sich hinter Kindern, Frauen und unbeteiligten Männern verstecken und angreifen. Leider haben sie insofern „Erfolg“, als daß sie den westlichen Soldaten die Schuld zuweisen und genügend Leute finden, die alles mehr oder weniger „freiwillig“ Mögliche bestätigen.

    Die „Gotteskrieger“ selbst sprengen sich skrupellos sogar in Moscheen in die Luft, um unliebsame Menschen zu ermorden. Daß dabei gezielt und gewollt auch unbeteiligte getötet und verletzt werden, ist Absicht: seht, wir sind mächtig und bekommen jeden, so die Botschaft. Terror eben.

    Daher: sorgfältiges Vorgehen, sorgfältige Untersuchung und entsprechende Maßnahmen. Auch der Verlust von Menschenleben rechtfertigt nicht dümmliches Geschrei von Unbeteiligten…

  • ST
    Stefan Thiesen

    Ich könnte kotzen. Verzeihung. Aber anders kann ich so etwas kaum noch kommentieren:

    "Zuletzt führte der Tod von neun Kindern bei einem US-Luftangriff für schwere Verstimmungen zwischen Kabul und Washington."

     

    Der Tot von 9 Kindern sorgte für Verstimmungen. Schwere immerhin. Das ist schlimm, daß jetzt irgendwer verstimmt ist. Ich überlege: was würde ich tun, wenn jemand hier herumfliegen und meine Kinder töten würde? Ich habe nur drei. Vermutlich wäre ich auch verstimmt. Und ich glaube es würde irgendwo irgend etwas gewaltig explodieren. Wie kann man erwarten "Frieden" zu bringen und die Unterstützung einer Bevölkerung, deren KINDER MAN ERMORDET!!?? Auch wenn es nur aus Versehen war. Wir entschuldigen uns. Sorry. Wir geloben Besserung. Bis zum nächsten Mal. Sagte ich schon, wie sehr mich das ANKOTZT? Als Vater. Als Mensch. Und ich habe nicht die geringste Lust so etwas mit zivilisierten milden Formulierungen zu kommentieren.