: Tipps & Diskretion
Der klassische Erbe ist ein Mann. So vermittelt es die Tradition, so erinnern wir uns dunkel an die Aufgabe des Stammhalters. Doch viel ist nicht mehr dran an dieser Vorstellung, denn die finanzstarke Wirtschaftswundergeneration hinterlässt nicht nur den Söhnen ihren Besitz. In Schätzungen ist von 2,6 Billionen Mark die Rede, die in diesen Jahren die BesitzerInnen wechseln.
Seit zwei Jahren bietet das „Pecunia Erbinnen Netzwerk“ Erbinnen ein Forum zum Erfahrungsaustausch. Es entstand aus den in den beiden Jahren zuvor organisierten Tagungen für Frauen, die geerbt haben oder erben werden. Diskretion nach außen ist oberstes Gebot, wenn sich Erbinnen treffen und über Erfahrungen und Vorhaben, über Probleme und Veränderungen reden. In Workshops vermitteln Expertinnen Tipps für Investment, Spendentätigkeit und Stiftungswesen. Wichtig ist den Veranstalterinnen auch das Hinterfragen von Sozialisationsbotschaften wie: „Du erbst und musst uns immer dankbar sein“ oder: „Mach nur ja Sinnvolles mit unserem Geld“. (Kontakt über: Marita Haibach, Mosbacher Straße 3, 65187 Wiesbaden, Fon (06 11) 84 44 02, mh@marita-haibach.de)
In den USA haben Erbinnen schon vor zwanzig Jahren angefangen, sich zu vernetzen. Initiatorin war Tracy Gary, die in den Siebzigerjahren mit 21 Jahren ein Zwei-Millionen-Dollar-Erbe antrat und sich in dem finanzschweren Neuland zurechtfinden musste. Als sie feststellte, dass ein Großteil ihres Vermögens in Aktien der Rüstungsindustrie angelegt war, suchte sie andere Bereiche.
Später war sie Mitbegründerin einer der ersten Frauenstiftungen der USA, der „Women’s Foundation“ in San Francisco. Es folgte das Projekt „Managing Inherited Wealth“ (Umgang mit ererbtem Reichtum), das Veranstaltungen und Seminare rund um psychosoziale, finanzielle und organisatorische Fragen anbot, die nach einem Erbe speziell für Frauen auftreten. Mit der Zeit entstand ein landesweites informelles Netzwerk reicher Frauen. Viele von ihnen beteiligen sich speziell an den mittlerweile fast hundert Frauenstiftungen in den USA.
Eine Tradition, auf die sich auch die deutschen Schwestern stützen. Ende dieses Jahres soll „Filia“, eine große Frauenstiftung, gegründet werden. Europäisches Vorbild ist „Mama Cash“ in den Niederlanden. Seit fast zwanzig Jahren besteht diese Organisation, stärkt Erbinnen den Rücken und setzt sich ein für das „empowerment of women“ in jeglicher Hinsicht. So werden über eine Stiftung Frauenprojekte in aller Welt unterstützt, so bürgt Mama Cash für niederländische Existenzgründerinnen, die ihrer Bank eine Sicherheit geben müssen.
Im Oktober 2001 findet ein Erbinnen-Seminar „Rechtliche Fragen bei der Übertragung von Vermögen“ statt. Genauere Informationen gibt es über info@frauenfinanzdienst.de. Ein Prospekt kann angefordert werden über den Frauenfinanzdienst, Herwarthstraße 17, 50672 Köln, Fon (02 21) 912 80 70.
Literatur: Marita Haibach: Frauen erben anders. Mutig mit Vermögen umgehen. Frankfurt 2001, Ulrike Helmer Verlag, 200 Seiten, 36 Mark; Handbuch Fundraising. Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis. Frankfurt 1998, Campus, 401 Seiten, 49,80 Mark; Rupert Graf Strachwitz: Stiftungen – nutzen, führen und errichten. Ein Handbuch. Frankfurt 1994, Campus, 224 Seiten, 98 Mark; Sigrid Nolte-Schefold: Was Frauen über Erbrecht wissen sollten. Düsseldorf 1996, Econ, 224 Seiten, 16,90 Mark
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