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Timoschenko tritt bei Präsidentenwahl anSchießwütige Kandidatin

Sie galt als Ikone der Orangenen Revolution, ist in der Ukraine dennoch umstritten. Jetzt erklärt Julia Timoschenko, dass sie Ende Mai Präsidentin werden will.

Will wieder nach ganz oben: Julia Timoschenko. Bild: dpa

KIEW ap/afp | Die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko hat ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahl am 25. Mai erklärt. Sie werde die Kandidatin der ukrainischen Einheit, erklärte die 53-Jährige am Donnerstag. „Ich werde alles tun, damit unsere zweite europäische Revolution nicht zu Misstrauen, Depression und Enttäuschung führt“, sagte sie. „Ich werde jeden Tag daran arbeiten, mich des Vertrauens würdig zu erweisen, das mir vom Volk entgegengebracht wird.“

Mit ihrer Bewerbung war allgemein gerechnet worden. Timoschenko gilt als Ikone der Orangenen Revolution von 2004, ist aber auch sehr umstritten. Nach politischen Auseinandersetzungen mit dem damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch saß sie zwischen 2011 und Februar 2014 unter zweifelhaften Umständen in Haft. Sie war wegen Machtmissbrauchs bei einem Erdgasgeschäfts verurteilt worden, sprach aber selbst von politischer Rache.

Erst nach der Flucht Janukowitschs und dem Umsturz in Kiew im Februar kam Timoschenko frei. Unmittelbar darauf deutete sie bereits ihr Interesse an einer Präsidentschaftskandidatur an und hielt vor etwa 50 000 Menschen auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan eine viel beachtete Rede. Ihr Vertrauter Alexander Turtschinow fungiert derzeit als Übergangspräsident des krisengeschüttelten Landes.

Allerdings hatte sich Timoschenko während der Haft ein schweres Rückenleiden zugezogen und musste nach ihrer Freilassung im Rollstuhl sitzen. Sie ließ sich Anfang März in der Berliner Charité behandeln und kehrte erst vor wenigen Tagen nach Kiew zurück. Das Krankenhaus teilte mit, die Behandlung habe Timoschenkos Schmerzen drastisch reduziert, und sie könne nun ihr rechtes Bein besser nutzen.

Seit ihrer Rückkehr hat sie vor allem mit einem abgehörten Telefongespräch Schlagzeilen gemacht. Darin hatte sie offenkundig mit Blick auf den russischen Staatschef Wladimir Putin und die Annexion der Krim durch Russland gesagt, sie sei „bereit, eine Maschinenpistole zu nehmen und diesem Dreckskerl eine Kugel in den Kopf zu schießen“. Die Bundesregierung, die sich lange für die Freilassung Timoschenkos und ihre Behandlung im Ausland eingesetzt hatte, verurteilte diese Äußerung diese Woche.

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8 Kommentare

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  • Eine Frau mehr, die eigentlich ins Gefängnis statt in ein öffentliches Amt gehört - Na und?

    • @muds0r:

      übrigens wollte sie die CSU (irgend einer von diesen Christlichen u. Sozialen) - als sie noch im Gefängnis saß - für den Friedens-Nobelpreis vorschlagen.

  • PH
    Peter Haller

    Schön, dass die "Dame" ihr rechtes Bein wieder besser nutzen kann.

    Noch schöner wäre aber, wenn sie das auch mit ihrem Kopf machen könnte. Aber den hat sie wahrscheinlich nur, um ihren schönen Haarkranz darauf zu drapieren.

    • @Peter Haller:

      Sie benutzt ihn durchaus: um ihr kleptokratisches Regime zu installieren und zu sichern. Was für ein Gesocks unterstützt der Westen hier eigentlich? Hemmungslose Diebe des Volksvermögens, die sich als Freiheitskämpfer tarnen und Faschisten, die ihren Hass gegen Juden, Russen und Polen und ihre Gewaltbereitschaft nicht einmal zu verbergen suchen. Einen besseren Vorwand kann man dem Kleptokraten aus Moskau doch nicht bieten

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    Bin ich eigentlich der Einzige der sich daran stört, daß in letzter Zeit Aussagen aus abgehörten Telefongesprächen veröffentlicht werden (Erdogan, diese amerikanische Diplomatin, an deren Namen ich mich jetzt nicht erinnere und nun Timoschenko) und so behandelt werden, als wären sie an die Öffentlichkeit gerichtet? Da musste sich diese Amerikanerin sogar für Aussagen entschuldigen, die in einem Dialog mit einem diplomatischen Partner gefallen waren.

    Wenn ich bedenke, was ich manchmal am Telefon über Leute sage, weil ich mich gerade mit meinem Gegenüber gut verstehe - eieiei.

    Das es praktisch keine unabgehörten Telefonate mehr gibt - geschenkt, aber daß solche Veröffentlichungen (in den Medien) nicht hinterfragt werden finde ich bedenklich.

    • @677 (Profil gelöscht):

      Wieso, phantasieren Sie dann auch über Kopfschüsse, Atomwaffenabwürfe und verbrannte Erde, wenn Sie mal so richtig schön ins Plaudern kommen? Sind Sie eine wichtige politische Figur, die Verantwortung für viele andere übernehmen möchte?

       

      Grundsätzlich haben Sie Recht. Privatsphäre sollte unangetastet bleiben. Nur hier heiligt ausnahmsweise der Zweck die Mittel.

    • @677 (Profil gelöscht):

      ja, stimme ich zu;

      und --siehe letzter Satz--

      die B.-Regierung verurteilt nicht etwa dieses verkommene Abhören von privaten Äußerungen, sondern benutzt den Inhalt für wohlfeile Politik.....Hehlerware

      • @luma:

        Wenn Hehlerware dem Allgemeinwohl dient, sei sie von mir begrüßt. Wie z.B. Steuer-CDs.