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Thüringens Wirtschaftsminister TiefenseePopulär, aber erfolglos?

Wolfgang Tiefensee wollte eigentlich nie ganz nach oben. Als Wirtschaftsminister in Thüringen fühlte er sich aber sichtlich wohl. Bleibt er im Amt?

Tiefensee zeigt sich als Wirtschaftsminister nah an den Bürger*innen und besucht auch gerne Fabriken Foto: dpa

Dresden taz | Er wirkt immer vornehm und beherrscht, wählt die Worte wohl, ohne professoral zu erscheinen. Hinter der hohen, kahlen Denkerstirn spürt man geradezu, wie die Synapsen schnapsen. Wolfgang Tiefensee ist ein Aristokrat im Politikgeschäft, aber ein bürgernaher. Er kann als einer der wenigen verbliebenen Charismatiker der ostdeutschen Nachwendegeneration gelten, gleichzeitig fühlt man sich an den Typ Verfassungspatriot der frühen Bundesrepublik West erinnert.

51 Prozent der Thüringer sind mit seiner Arbeit als Wirtschaftsminister zufrieden, der zweite Platz hinter Ministerpräsident Bodo Ramelow. Der ideale SPD-Spitzenkandidat. Aber seine Partei wird dennoch bei der Landtagswahl wahrscheinlich auf ein deprimierend einstelliges Ergebnis zurückfallen.

Der 1955 im thüringischen Gera geborene Elektronik-Ingenieur saß 1990 für die Bürgerrechtsbewegung „Demokratie jetzt“ am Runden Tisch in Leipzig. Zur ersten freien Stadtratswahl kandidierte der ehemalige Bausoldat und Waffendienstverweigerer noch für das Bündnis 90. Erst auf Drängen von Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube trat Tiefensee 1995 der SPD bei und übernahm von ihm als bisheriger Dezernent für Jugend, Schule und Sport 1998 die Amtskette.

In seine Leipziger Oberbürgermeisterzeit fällt das „Leipziger Modell“ wechselnder Mehrheiten im Stadtrat. Tiefensee schilderte beim taz-Wahlforum in Erfurt, wie auf der Basis persönlicher Gewissensentscheidungen dennoch der Stadthaushalt einstimmig verabschiedet wurde.

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Nach der schweren Wahlniederlage der sächsischen SPD 1999 galt der Leipziger Oberbürgermeister sogar als Joker und Favorit für künftige Spitzenkandidaturen. Die CDU soll versucht haben, das politische Talent abzuwerben, das sich nie zuerst als Parteisoldat verstand. In Leipzig wohnte er übrigens in dem eher linken Szenestadtteil Connewitz. Berühmt wurde 2003 das Cellospiel des ehemaligen Bachpreisträgers Tiefensee bei der Veranstaltung zur Bewerbung Leipzigs um die Olympiastadt 2012.

„Flachwasser“ in Berlin

Nach ganz oben hat sich Tiefensee indes nie gedrängt, als ein überzeugter Christ und vierfacher Vater verstand er seine Ämter zunächst stets als Dienst an Menschen. Auf der Straße demonstrierte er gegen Naziaufmärsche mit, riskierte aber auch seinen Ruf, als er um der Sache willen in der Hartz-Arbeitsmarktkommission mitarbeitete.

Kanzler Schröder wollte ihn 2002 schon einmal in die Bundesregierung holen, 2005 tat es seine Nachfolgerin Angela Merkel. Tiefensee zögerte zunächst, wurde dann aber für vier Jahre Bau- und Verkehrsminister und Ost-Beauftragter. Die raue Berliner Luft schien ihm dabei deutlich weniger zu bekommen als die sächsische. Sein Ministerium selbst galt vor allem der Opposition bald als Baustelle, das böse Wortspiel vom „Flachwasser“ machte die Runde.

Tiefensee hielt es danach noch bis 2014 im Bundestag aus, als er zum Wirtschaftsminister ins Thüringer Kabinett Ramelow berufen wurde. Am Ende dieser Amtszeit in Thüringen kann er nicht nur beste Wirtschafts- und Arbeitsmarktdaten präsentieren, man sieht auch häufiger sein diszipliniertes Lächeln wieder. „Die SPD hat stabilisierend in der rot-rot-grünen Koalition gewirkt“, sagt der SPD-Spitzenkandidat. Ob die Thüringer Wähler diese Leistung entgegen dem Bundestrend belohnen, scheint allerdings fragtlich.

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