Thomas Poreski über die Grüne Spitze: "Das ist eine Pseudooffenheit"
Thomas Poreski von den Grünen Baden-Württemberg ärgert die Parteispitze mit dem Antrag zum Grundeinkommen.
taz: Herr Poreski, was ist Ihr Ziel auf dem Parteitag?
Thomas Poreski: Wir wollen eine Weichenstellung in der Sozialpolitik erreichen, die in Richtung Grundeinkommen weist. Auf jeden Fall muss es ein nicht nur rhetorisches Bekenntnis zur Verteilungsgerechtigkeit geben, so etwas wie eine negative Einkommensteuer und die Abschaffung von Repressionen im Hartz-IV-System.
Mit welcher Zustimmung zu Ihrem Antrag rechnen Sie?
Mein Eindruck ist, dass eine sehr große Sympathie dafür besteht, aber gleichzeitig viele Delegierte das Gefühl haben, sie müssten sich noch besser informieren. Das werden wir zum Teil auch hinbekommen auf dem Parteitag. Letztendlich wird es darauf hinauslaufen, dass sich einige erst im letzten Moment entscheiden werden, ob sie eher unserem Antrag zum Grundeinkommen oder dem Antrag Grundsicherung und dem des Bundesvorstandes zustimmen wollen.
Sollte Ihr Antrag durchkommen, brüskieren Sie die gesamte Bundesspitze.
Das Interesse habe ich nicht. Ich habe ein Interesse an einer inhaltlichen, sachlichen Diskussion. Ich schaue aufmerksam darauf, ob und welche Brücken der Bundesvorstand zu bauen bereit ist. Es ist nicht so, dass da gar keine Signale kämen. So was konkretisiert sich in der Regel in der Antragskommission auf dem Parteitag selbst. Ich habe nicht das Interesse an einem Showdown. Das ist für die Sache nicht notwendig. Notwendig ist, eine Vertiefung und eine möglichst konzentrierte inhaltliche Debatte hinzubekommen. In Baden-Württemberg haben wir das geschafft.
Der Vorstand ist Ihnen ja schon ein Stück weit entgegengekommen.
Ja, aber das ist eher eine Art Doppelbotschaft. Einerseits werden ein paar Elemente des Grundeinkommens übernommen - etwa die bedingungslose Kindergrundsicherung. Ganz vorsichtig wird erwähnt, man könne auch über die negative Einkommensteuer diskutieren. Um jeden Preis wird aber vermieden, den Begriff "Grundeinkommen" zu verwenden. Dann wird gesagt, wir müssen über das Grundeinkommen erst noch diskutieren. Aber als Drittes kommt als Botschaft zwischen den Zeilen, dass man das Grundeinkommen für eine blöde Idee hält. Das ist eine Pseudooffenheit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!