Theatertipps der Woche: Was Theater sein kann
Reflektionen zum Genre mit „Golem“ im RambaZamba, dem FIND-Festival und Neuem vom „Krisenzentrum für weibliche Komik“ in der Sophiensaele-Mediathek.
D as Thema künstliche Intelligenzen und künstliche Wesen steht ja nicht erst seit der Digitalisierung auf der Agenda. Schon seit die Technisierung die Übergänge zwischen Leben und Maschine immer unübersichtlicher werden ließ, befassen die Künste sich mit der Sache. Letzte Woche kam im DT „Frankenstein“ heraus. Nun steht im Theater Ramba Zamba die Geschichte des „Golem“ auf dem Programm. Das ist die alte Legende eines aus Lehm geschaffen menschenähnlichen Wesens, dem im 16. Jahrhundert der Prager Rabbi Löw mit Hilfe von Buchstabenmystik Leben einhauchte wie einst Gott dem aus Lehm gebildeten ersten Menschen Adam.
Für Bernd Freytag und Jacob Höhne wird die Legende nun zum Sinnbild für das Zusammenspiel der Künste im Theater, das Bildende und Darstellende Kunst, Musik, Tanz und andere Ausdrucksformen immer wieder zusammenfügt, um seine Kunst zu vollenden: bis sich die Baussteine des Golems schließlich „zu einem großen Organismus der Sprachen und Körper vereinigen“, wie das Theater auf seiner Webseite schreibt – und damit eine ziemlich gültige Definition abgibt, was Theater im besten Fall sein kann (Theater Ramba Zamba: „Golem“, 1., 2., 5. Oktober, jeweils 19:30 Uhr; 3. Oktober, 18 Uhr).
FIND-Festival und Knochenkunde
Was Theater sein kann, davon versucht seit langem die Schaubühne mit ihrem Theaterfestival Festival Internationale Neue Dramatik (FIND) auch international einen Überblick zu geben, das diese Woche von Alexander Zeldin mit „Love“ eröffnet wird, einer Koproduktion des National Theatre in London und des Pariser Odéon Theaters. Es geht um unterschiedliche Bewohner:innen einer Notunterkunft des Sozialamts und die Ungerechtigkeit dieser Gesellschaft, in der die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird („Love“, 30. September, 1. + 2. Oktober). Weitere Highlights werden Arbeiten des russischen Regisseurs Kirill Serebrennikov („Outside“) und der spanischen Extremperformerin Angelica Liddell („Liebestod“) sein.
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In den Sophiensälen mischt sich das fantastische „Krisenzentrum für weibliche Komik“ in aktuelle Identitätsdebatten ein, dem die Regisseurin und Performerin Vanessa Stern vorsteht. „Wer war Frieda?“ ist die große Frage, die „elf alte Frauen“ (Selbstbeschreibung!) in Sterns neuester Arbeit „Gebeine. Die Frieda, die ich meine“ anhand einiger Knochen zu beantworten versuchen. Auf Grund der aktuellen Situation wurde das Projekt als Film realisiert, der bis zum 7. November auf der digitalen Bühne der Sophiensäle zu sehen ist (Programm Mediathek: sophiensaele.com/de; Projektseite: www.diefriedadieichmeine.de).
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