The New Institute in Hamburg: Akademische Insel wird entwohnt
„The New Institute“ wollte Antworten auf die ganz großen Fragen liefern. Nun kündigte Mäzen Erck Rickmers zerknirscht an, dass es die Arbeit einstellt.
Gläserne Deckenlampen strahlen gediegenes Licht in einige der Räume, moderne Gemälde hängen an den hohen Wänden nebst breiten Bücherregalen. Von der Straße aus nicht einsehbar ist der große, mit alten Bäumen bewachsene Garten, der sich auf der Innenseite der Häuserreihe lang und breit erstreckt. Den Blick in dieses Idyll schweifen lassen werden Wissenschaftler:innen bald nicht mehr können.
Am Dienstag gab die als gemeinnützige GmbH organisierte „The New Institute Foundation“ bekannt, dass sie ihre zentrale Aufgabe zum Ende des kommenden akademischen Jahres im Sommer 2025 einstellen will: als Plattform für kluge Köpfe, die durch einen gemeinsamen, längeren Aufenthalt im schicken Warburg-Ensemble „Antworten auf die Fragen in Ökologie, Ökonomie und Demokratie im Zeichen der Klimakrise“ finden, wie es zur Gründung des Instituts im September 2020 selbstbewusst hieß.
Es habe nur teilweise geklappt, renommierte Akademiker:innen verschiedener Disziplinen mit Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft, Medien und Kultur zusammenzubringen, erklärte das Institut nun in einem Schreiben. Im Rahmen des vom Institut angebotenen Fellowship-Programms habe sich nicht die erhoffte längerfristige Zusammenarbeit entwickeln können.
Ein zerknirschter Mäzen
„Zudem erwies es sich als schwierig, herausragende WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen für eine einjährige Residenz zu gewinnen, da diese häufig aus familiären oder beruflichen Gründen nicht längerfristig verfügbar sind.“
Der Mann, der das Projekt initiiert hatte, zeigt sich nun ziemlich zerknirscht. „Ich bitte um Nachsicht dafür, dass wir die Erwartungen, die wir geweckt haben, nicht erfüllen konnten“, lässt Erck Rickmers mitteilen. „Als einer von vielen Menschen, die sorgenvoll in die Zukunft blicken, habe ich versucht, mit The New Institute einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Dies ist mir nicht in dem Maße gelungen, wie ich es erhofft hatte.“
Rickmers gehört zur bekannten Reedereifamilie, arbeitete selbst in der Schiffahrtsbranche und saß auch vor einigen Jahren für kurze Zeit als SPD-Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft. Als Gründer und Finanzier des Instituts setzte sich über Rickmers das Bild eines um die Gesellschaft besorgten Philanthropen durch.
Der Start der Denkfabrik ließ die selbst proklamierten Erwartungen in die Höhe schnellen: Als Wissenschaftliche Direktorin hatte Rickmers die medial umfangreich präsente Maja Göpel gewonnen, der gut vernetzte Wissenschaftsmanager Wilhelm Krull wurde Geschäftsführender Direktor. Das komplette Gebäude-Ensemble mit seinen neun Stadtvillen ließ Rickmers umfangreich sanieren, um es zu einer akademischen Insel zu machen, in der sich über die großen Begriffe wie Innovation, Vision oder Zukunftsfähigkeit Gedanken gemacht werden sollte.
Fern vom regelhaften Publikationszwang und anderer universitärer Verpflichtungen sollten die Gäste jenseits disziplinärer Grenzen die großen Fragen der Gesellschaft beantworten – und nicht nur Wissenschaftler:innen unter sich, sondern im Austausch mit Aktivist:innen, Journalist:innen oder Künstler:innen.
Sich selbst attestiert das Institut trotz der nicht erreichten Ziele eine erfolgreiche Zeit. „Die Arbeit war keineswegs ergebnislos“, sagt Rickmers. Zahlreiche Buchprojekte seien abgeschlossen, wissenschaftliche Artikel verfasst, Konferenzen organisiert und Workshops abgehalten worden. Dutzende, vor allem Wissenschaftler:innen listet das Institut als frühere Gäste auf.
Kritik schon im Januar
Doch kamen zuletzt schon einige Zweifel auf, ob hinter der guten Publicity auch wirklich ein substantieller Mehrwert entsteht. Von nennenswerten Projekten, die im Institut entstanden, war seit der Gründung wenig zu hören. Maßgeblichen Akteur:innen aus der Gründungszeit, Göpel oder Krull etwa, sind nach relativ kurzer Zeit abgesprungen.
Und die Frankfurter Allgemeine Zeitung konstatierte Anfang des Jahres, beim Institut habe man es mit einer „schwer erträglichen Angeberei zu tun, die alle Werte zugleich zu verwirklichen behauptet, aber bislang so gut wie nichts zustande oder jedenfalls zu Papier gebracht hat.“ Schuld daran sei auch der Mäzen, der sich zu sehr einmische.
Etwas Aufmerksamkeit generierte immerhin der mit 20.000 Euro dotierte „Helmut-Schmidt-Preis“, der vom Zeit-Verlag zusammen mit der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und dem New Institute verliehen wird.
Und nun? „Wir haben noch ein volles akademisches Jahr vor uns, in dem wir erfolgreich arbeiten wollen“, sagt die Geschäftsführerin der Stiftung, Britta Padberg. Das Engagement für gesellschaftliche Themen wolle man aufrechterhalten – und neue Förderformate entwickeln.
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