piwik no script img

Thaiwiese in WilmersdorfJetzt mit festem Rezept

Auf der Thaiwiese im Preußenpark soll es weiter Streetfood geben – aber nach festen Regeln. Nach den Ferien startet der Bezirk einen Bürgerdialog.

Lecker asiatisch essen: das Angebot auf der Thaiwiese im Preußenpark Foto: dpa

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf will auf der sogenannten Thaiwiese im Wilmersdorfer Preußenpark Recht und Gesetz durchsetzen. Der Streedfood-Handel von fernöstlichen Imbissgerichten soll erhalten bleiben. Allerdings sollen die HändlerInnen Steuern zahlen und die lebensmittel- und gewerberechtlichen Bestimmungen einhalten. So steht es in einem Konzept des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, das Ordnungsstadtrat Arne Herz am Dienstag dem Fachausschuss der Bezirksverordnetenversammlung vorstellte.

Seit Jahren ist der Preußenpark in den Sommermonaten ein Thaipark geworden. Begonnen hatte es in den 1990er Jahren als ein Treff deutsch-thailändischer Familien, die ihre landestypischen Gerichte zum Selbstgebrauch mitgebracht hatten. Inzwischen werden auf unzähligen Campingkochern Suppen und Currygerichte gewärmt, die die VerkäuferInnen aus Thailand, Vietnam, Korea, Japan und Kambodscha zu Hause zubereitet haben. Das fernöstliche Flair zieht Menschen aus der ganzen Stadt an, die Thaiwiese ist zum Touristenmagnet geworden. Mehrere hundert Besucher sitzen an Wochenendtagen und neuerdings auch innerhalb der Woche auf der Wiese, die durch die Übernutzung zur Sandwüste geworden ist.

Doch der Verkauf von Imbissgerichten dort ist illegal. Die VerkäuferInnen haben kein Gewerbe angemeldet und zahlen keine Steuern. Es gibt kein fließendes Wasser. Und nach deutschen Hygienevorschriften sind Zubereitung und Verkauf von Lebensmitteln auf einer Grünfläche untersagt.

Im Grundsatz sind sich Bezirksverordnete aller Fraktionen von Linken bis zur AfD einig: Die Grünfläche soll wieder grün werden. Der Imbisshandel soll an etwa 30 feste Stände an den Parkrand auf eine befestigte Fläche ziehen. Wer dort einzieht, muss ein Gewerbe anmelden. Und in einem breiten Bürgerdialog, der nach den Sommerferien startet, soll über die Zukunft des Parks diskutiert werden.

„Da können nicht nur Anwohner mitdiskutieren“, sagte Ordnungsstadtrat Arne Herz (CDU), „sondern jeder, der sich dazu berufen fühlt. Auch NutzerInnen aus anderen Bezirken. Und alles, was wir aus dieser breiten Diskussion herausbekommen, werden wir auf Machbarkeit prüfen.“ Bis zum Ende des Bürgerdialogs wird der Handel auf der Thaiwiese geduldet, weil, so Herz, „wir in dieser Phase keine Fakten schaffen wollen“. Andernfalls, so war zwischen den Zeilen zu hören, werde eine weltweit bekannte Berliner Attraktion zerschlagen.

Die Beschwerden der Anwohner

Doch genau das fordern Anwohner, die der Sitzung zahlreich beiwohnten. „Warum lassen Sie den Park nicht räumen? Sie haben jede rechtliche Handhabe dazu“, fragte eine junge Frau. Anwohner beschweren sich über Lärmbelästigung bis tief in die Nacht. „Und wenn wir die Polizei rufen, kommt die nicht“, so Anwohnerin Martina Selchow. „Ich kann auch nicht sagen, ich zahle keine Steuern mehr. Aber ich muss für den Park die Gebühren bezahlen und den Kammerjäger gleich mit.“ Denn die Thaiwiese ziehe Ratten an, die auch in die anliegenden Wohnhäuser kämen.

Die Grünfläche soll wieder grün werden. Der Imbisshandel soll an feste Stände ziehen

Unter Beifall forderte ein Mann, das Imbiss-Treiben umziehen zu lassen. „Auf das Tempelhofer Feld oder in den Treptower Park. Da stört das keinen.“ Anwohner beschwerten sich über Besucher, die in ihren Vorgärten urinieren würden. Christoph Wapler (Grüne) appellierte an die Anwohner: „Mit einem Gegeneinander von ‚wir‘ und ‚die‘ kommen wir nicht weiter. Ich erhalte zahlreiche Zuschriften, das Flair im Park zu erhalten.“

SPD, Linke und Grüne haben mit ihrer Mehrheit durchgesetzt, dass der Diskussionsprozess durch einen Träger unterstützt wird. „Wir haben im Bezirksamt keinen Spezialisten für Bürgerdialog. Da gehört externer Sachverstand hin“, begründete das die linke Bezirksverordnete Annetta Juckel. Stadtrat Herz von der CDU war dagegen, weil das den Beginn des Bürgerdialogs verzögern würde, musste sich aber der Mehrheit beugen.

Die zahlreichen thailändischen BesucherInnen im Rathaus beteiligten sich nicht an der Debatte. Gegenüber der taz zeigte sich die 28-jährige Modedesignerin Pata Puangsuk, nach eigenem Bekunden keine Händlerin, betroffen von der Ablehnung bei den Anwohnern vom Treiben auf der Thaiwiese. „Ich weiß auch, dass Gesetze eingehalten werden müssen. Aber für mich ist die Thaiwiese der Ort, meine Kreativität auszuleben. Hier üben wir Tänze für den Karneval der Kulturen. Hier feiern wir zweimal im Jahr große Feste. Das muss erhalten bleiben.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!