Thailand verschärft Gesetz: Vorwand Majestätsbeleidigung
Das Gesetz, das in Thailand den König schützen soll, dient dem Machterhalt des Militärs. Doch das Prinzip Abschreckung funktioniert nicht mehr.
E s gilt als das härteste Gesetz gegen Majestätsbeleidigung weltweit. Demnach kann jeder Schuldspruch pro Anklagepunkt bis zu 15 Jahre Haft bedeuten. Dass Thailands Regime unter Ex-Putschistenführer Prayut Chan-ocha das drakonische Gesetz nach längerer Zeit wieder verschärft als Waffe gegen Oppositionelle einsetzt, ist kein Zufall. Das „Lèse-majesté“-Gesetz soll als Abschreckung für die pro-demokratische Protestbewegung dienen: Mindestens zwölf führende Köpfe wollte die Polizei vorladen – kurz vor einer Kundgebung, die das milliardenschwere Vermögen von König Vajiralongkorn aufs Korn nahm.
Außer dem Rücktritt Prayuts und Verfassungsänderungen verlangen die mehrheitlich jungen Demonstrierenden eine Reform der Monarchie, darunter politische Neutralität sowie klare Regeln für eine Kontrolle des königlichen Vermögens. Am Mittwoch legten sie mit einem Protest vor der Zentrale der Siam Commercial Bank nach. Deren größter Anteileigner ist der König, der sich im Juli 2017 die komplette Kontrolle über das Crown Property Bureau gesichert hatte. Dieses wiederum verwaltet das Vermögen des Palasts, das auf über 30 Milliarden US-Dollar geschätzt wird.
Als Vorbild für eine Reform dürfte der prodemokratischen Bewegung eine Monarchie vorschweben, die den konstitutionellen in Europa ähnlich ist. Für Thailands ultraroyalistische reaktionäre Eliten aber ist das ein Schreckgespenst: Denn eine solche Forderung käme für sie einer Abschaffung der Monarchie gleich. Um den Schutz des Königshauses geht es beim „Lèse-majesté“-Gesetz ohnehin nur oberflächlich.
In Wahrheit soll es jene von Kritik abschirmen, die die Monarchie als Legitimation benutzen, um den eigenen Machterhalt zu sichern. Das gilt allen voran für Thailands Militärs, die sich als Wächter des Palasts aufspielen und damit Staatsstreiche rechtfertigen. In der Vergangenheit hat dieses Prinzip der Abschreckung funktioniert. Gemessen an der bisherigen Unerschrockenheit der jungen Protestierenden ist das offenbar nicht mehr der Fall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück