piwik no script img

Teure Gebühren für Kunden ohne GeldSparkasse wird Luxus für Arme

Die Berliner Sparkasse verdoppelt die Kontoführungsgebühren für die, die sowieso kein Geld haben. Arbeitslosenverband und Betroffene sind entrüstet. Senator lässt prüfen.

Wenns um's Geld geht: Sparkasse Bild: dpa

Der Sparkasse werden die Kunden ohne Geld zu teuer. Deshalb erhöht sie zum 1. Oktober 2011 die Gebühren für Guthabenkonten von bisher maximal 3,90 Euro auf 8 Euro monatlich. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) will die Erhöhung von der Sparkassenaufsicht rechtlich prüfen lassen.

Mietzahlungen, Kreditraten, Handyabrechnung - ohne Konto geht heutzutage in der Regel nichts. Menschen mit negativem Schufa-Eintrag hatten in der Vergangenheit so große Probleme, überhaupt ein Konto zu eröffnen, dass es 1995 Pläne für eine gesetzliche Regelung gab. Die Kreditinstitute wollten ein Gesetz unbedingt vermeiden und kamen der Regierung mit einer "Selbstempfehlung" zuvor.

Demnach soll zwar jeder Bürger ein Girokonto eröffnen können, unabhängig von Art und Höhe seiner Einkünfte. Aber diese Selbstverpflichtung gelte nur, solange es dem Kreditinstitut nicht "unzumutbar" ist. So kann ein Konto unter anderem abgelehnt werden, wenn nicht sicher ist, ob die Entgelte für Kontoführung bezahlt werden.

Genau diese Gebühren erhöhte die Sparkasse Berlin bereits im November 2010 für Neukunden. Ab Oktober sollen nun auch die Bestandskunden das Doppelte zahlen. Sprecherin Constanze Stempel begründete dies mit "einem höheren Bearbeitungsaufwand" für Guthabenkonten. Da eine Überziehung bei diesem Kontotyp nicht erlaubt ist, sei der Kontostand permanent zu überwachen und die Betreuung dieser Kunden besonders intensiv. Die 8 Euro seien nicht einmal kostendeckend. Hinzu komme, dass sich "die Zahl der Guthabenkonten in den letzten fünf Jahren verdoppelt hat", so Stempel. Eine genaue Zahl will sie nicht nennen.

Laut Senatswirtschaftsverwaltung tragen die Sparkassen tatsächlich die Hauptlast der Guthabenkonten. Senator Wolf, dem die Sparkassenaufsicht untersteht, hält die Erhöhung der Gebühren dennoch "persönlich für unangemessen". Die Sparkasse sei schließlich nicht allein der Gewinnerzielung verpflichtet. "Die Selbstverpflichtung reicht offensichtlich nicht aus", so Wolf gegenüber der taz. Er schlägt einen neuen Anlauf für eine bundesgesetzliche Regelung vor, die alle Banken verpflichtet, Guthabenkonten zu Konditionen bereitzustellen, die auch für sozial Schwache und Hartz-IV-Empfänger tragbar sind.

Zum Vergleich: Bei der Deutschen Bank kostet ein Guthabenkonto 8,99 Euro im Monat. Bei der Berliner Volksbank sind es 5 Euro. Die Nachhaltigkeitsbank GLS verlangt für ihr Girokonto monatlich 2 Euro. Es bekomme zwar nicht jeder ein Konto, aber ein negativer Schufa-Eintrag sei kein genereller Ausschlussgrund.

Gebühren für Zahlungsverkehr sind im Hartz-IV-Regelsatz nicht enthalten. Wer kein Konto hat und auf Barauszahlungen angewiesen ist, für den wird es laut Marion Drögsler vom Arbeitslosenverband noch teurer. "Mit der Gebührenerhöhung wird die Notsituation dieser Menschen ausgenutzt", so Drögsler zur taz.

Sparkassenkunde Ralf Schulz wurde per Anschreiben über die Erhöhung seiner Kontoführungsgebühren informiert. Dass Kunden wie er besonders teuersind, steht darin nicht. Die "Entwicklung und Bereitstellung modernster Automatentechnik" seien schuld. Schulz ist entrüstet: "Die Erhöhung wird genau den Kunden zugemutet, die eh schon prekäre Einkommen haben."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • X
    xonra

    Irgendwann erhält man einen Brief auf dem steht, dass man statt 2 Euro monatlich, nun 8 Euro zu zahlen hat.

    Das ist nur möglich, weil der Kunde (Opfer)durch die Aufsichtsbehörden nicht geschützt ist. Eine Stufen und fristlose Gebührenerhöhung um 300 % ist Wucher.

  • A
    aurorua

    Verlogenes GELDGEILES-PACK.

    GELDSUCHT sollte ebenso wie Spiel, Alkohol und Drogensucht unter die zwingend behandlungsbedürftigen Suchtkrankheiten gezählt werden ggf. in Verbindung mit Zwangseinweisung. Denn der durch GELDSUCHT verursachte weltweite Schaden ist eklatanter als der durch SUFF und DROGEN.

  • B
    Bocky

    Postbank, Raifeisen und Spardabank sowie Diba schießen leute ab die hartz, schufa oder inso haben!

    Es wird zeit die banken abzuschießen und die die sich auf den Rücken der schon armen menschen finanziel austoben! Eine gute lösung währe wen der Staat eine Bank für bedürftige einrichten würde, so das es jeden möglich ist auch ohne ein einkommen von min 1000 € ein kostenfreies Giro bzw guthaben konto zu führen.

    in moment ist es so wer hat kriegt dazu und der nicht hat zahlt auch noch drauf danke bank danke staat für die ausbeutung

  • EK
    Ex Kunde

    Auch als "relativ-gutverdienender" bin ich irgendwann wegen der hohen Gebühren von der Sparkasse weg. Besonders lästig, dass beim Bezahlen an der Kasse mit der EC-Karte jedesmal eine Postengebühr fällig war, so dass man im Quartal gut mal 30 Euro zahlen musste.

    Scheinbar ruht man sich bei der SPK auf seinen "Lorbeeren" aus.

     

    Es geht aber auch anders. Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft, und so bietet die Postbank ein Gebührenfreies Gehaltskonto an, und der Service der Postbank ist meiner Meinung nach mindestens Gleichwertig zu den Diensten der Sparkasse.

     

    Die SPK hat glücklicherweise keine Monopolstellung, und jeder Kunde kann selbst entscheiden, welchem Geldinstitut er sich anvertraut.

  • M
    Milo

    Das ist wiede eine so eine Meldung die durch Ungenauigkeit/Unkenntis glänzt und die in diesem Sinne als "Falschmeldung" durch alle Medien geistert.

    Es ist nach meiner Erfahrung kein Problem als ALG2-Empfänger(Hartz4) irgendwo ein Konto zu ganz normalen Bedingungen zu eröffnen. Es wird mangels hohem monatlich Geldeingang nur kein Dispo-Limit bzw. Überziehung gewährt. Schon ist es ein "Guthabenkonto" - auch wenn das nirgends steht.

    Das gilt für jeden, egal, ob arm oder reich, ob Erst-oder Zweitkonto.

     

    Das was hier genau gemeint ist, ist ein sogenanntes "Jedermann-Konto", für überschuldete Leute (Pfändungen, negative Schufa-Einträge), nicht einfach nur ein normales Konto auf Guthabenbasis - die sind nämlich kein Problem und auch für Arme zu den normalen Konditionen zu haben.

  • T
    Thoddy

    Die meisten Kommentare sind nicht richtig:

     

    Inhaber von Guthabenkonten stehen in aller Regelmäßigkeit bei den Betreuern und feilschen um Beträge und fragen nach, wann und ob das Geld da sein wird. Das passiert in der Regel bei anderen Kundengruppen nicht, insbesondere - lieber "Experte" - auch bei Jugendlichen nicht.

     

    Dann sind die Guthabenkonten meistens auch noch Pfändungskonten. Das hat die TAZ außer Acht gelassen. Für Pfändungskonten entsteht ein ganz besonderer Aufwand, der selbst mit 8 Euro nicht ansatzweise gedeckt ist.

     

    Guthaben- und Pfändungskonten haben die Entwicklung von neuen Verfahren erforderlich gemacht, lieber "Experte".

     

    Kostenlose Konten gibt es, nur werden diese Kunden dort keines bekommen oder es schnell wieder loswerden. An denen ist nämlich nichts zu verdienen, wenn kein anderes Geschäft gemacht wird. Und diese Clientel macht kein anderes Geschäft, außer - sorry - Ärger.

     

    Weder Banken noch Sparkassen sind für die Situation einzelner Kunden verantwortlich. Sparkassen und Volksbanken unterstützen Vereine und andere lokale Vorhaben und Aktivitäten. Städte, Länder und Bund tun da schon lange nichts mehr. Also Vorsicht, wem man hier was vorwirft. Die Bank des kostenlosen Kontos wäre hier mal eine nette Zielgruppe.

     

    Sparkassen und Volksbanken unterhalten das dichteste Filialnetz, auch noch an kleinen Orten. Das kostet Geld und das ist auch Sozialarbeit. Denn rechnen tut sich das sehr häufig nicht mehr.

     

    Alles hat seinen Preis. Es gibt Leute, die unschuldig in Schulden und Arbeitlosigkeit kommen. Es gibt aber Viele, für die das nicht gilt und die dabei noch in Saus und Braus leben. Dort könnte man dann auch mal ansetzen. Das ist natürlich nicht einfach, wenn man nur mit "Links" sieht.

  • FZ
    Frage zur Sparda-Bank

    Die Sparda-Genossenschaftsbank Berlin eG hat ihre Kontogebühren für Privatgirokonten auf monatlich 5 Euro festgelegt. Das ist viel zu hoch. Eigentlich müßte das Sparda- Bank-Privatkundengirokonto kostenlos sein,denn die Sparda-Genossenschaftsbank, bei der man mit der Kontoeröffnung einen Genossenschaftsanteil erwerben muss, wirbt z.B. in Schaufenstern ihrer Berliner Filiale mit einem kostenfreien Privatgirokonto ohne Bedingungen. - Ist das nicht unlautere Werbung, die verboten werden müßte?

     

    Was sagt Herr Wirtschaftssenator Wolf dazu?

     

    Die Banken machen auf Kosten der kleinen Leute Geld mit den hohen Kontogebühren. Wenn sich aber die Banken wegen ihres schlechten Finanzgebahrens verzocken und die Bankenpleite droht, rettet sie die Bundesregierung mit dem Milliarden-Geld der SteuerzahlerInnen.

     

    Unsozialer geht es nicht! Das muss endlich alles geändert werden !

  • A
    alterego

    So fängt es nun auch in Deutschland an.

    Die Soziale Ungerechtigkeit wird auf die Sozialschwachen abgewälzt und verschärft die Probleme, die ein Mensch, der unverschuldet in die Insolvenz gerutscht ist, weil er am Turbokapitalismus gescheitert ist noch mehr.

    Doch weil der kleine Mann zu klein ist, lässt man ihn fallen, ohne ein Rettungspaket...

    Die Banken haben sich verspekuliert und zuen es offensichtlich schon wieder.

    der kleine Mann zahlt bereits dafür.

    Nun wird ihm noch tiefer in die tasche gegriffen.

    Wann werden wir Zustände wie aktuell in England haben? Wieviele Fehler will die Politik noch machen?

  • E
    Experte

    Schöne Lüge der Spasskasse.

     

    Wie soll für den Betrieb von Software ein höherer Aufwand entstehen?

     

    Die Banken haben da doch damals schon gelogen. Die gleiche Funktionalität gibt's bei Jugendlichenkarten umsonst.

  • KK
    Kostenlose Konten

    Kostenlose Konten gibt es einige, z.B. bei der dkb, ing.diba, comdirekt...

    Weitere Anbieter bieten kostenfreie Kontoführung bei regelmäßigem monatl. Geldeingang, so Z.b. die berliner Volksbank.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Unsozial

    die Berliner Sparkasse möchte ihre Kontogebühren anheben,auf Kosten der Erwerbslosen.

    Dies ist unsozial und sollte verworfen werdenHier sind die Parteien gefordert,auch im Bezug auf die anstehende Wahl,dessen heiße Phase zum Abgeordnetenhaus begonnen hat.