Test der Gesichtserkennung in Berlin: Polizei mit Überwachung zufrieden
Die Bundespolizei hat in Berlin ein Pilotprojekt zur biometrischen Gesichtserkennung getestet. Datenschützer kritisieren die Verletzung von Persönlichkeitsrechten.
Bundespolizei-Präsident Dieter Romann sagte: „Die Technik erleichtert es, Straftäter ohne zusätzliche Polizeikontrollen zu erkennen und festzunehmen.“ Dies bedeute einen „erheblichen Sicherheitsgewinn“. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte: „Die Systeme haben sich in beeindruckender Weise bewährt, so dass eine breite Einführung möglich ist.“
Das Ministerium wies allerdings darauf hin, nicht das Gesichtserkennungssystem, sondern Polizisten würden im Einzelfall entscheiden, ob der automatisch generierte Treffer ein polizeiliches Einschreiten erfordere und welche Maßnahmen ergriffen werden müssten. Seehofer erklärte, sollte die Einführung beschlossen werden, müsse zunächst eine Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz geschaffen werden, um die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dafür klar zu regeln.
Zweite Testphase für 2019 geplant
Datenschützer kritisieren die automatisierte biometrische Gesichtserkennung scharf. Sie sagen, durch die Technik würden Persönlichkeitsrechte von Menschen verletzt, der Überwachungsstaat weite sich aus.
Der Test an dem Bahnhof hatte am 1. August 2017 begonnen. Dafür meldeten sich 312 Pendler freiwillig. Fotos der Teilnehmer des Versuchs wurden im Testzeitraum automatisch – bei Tag und Nacht – mit den Aufnahmen von an dem Bahnhof installierten Videokameras abgeglichen.
In einem zweiten Versuch soll voraussichtlich ab Januar 2019 getestet werden, inwieweit Computerprogramme gefilmte Situationen und Gegenstände analysieren können. Damit will die Deutsche Bahn feststellen, wie gut die Programme seltene oder gefährliche Abweichungen von der Normalität im Bahnhof erkennen können. Dazu zählen beispielsweise hilflose Menschen, Gegenstände, die stehengelassen wurden oder Menschengruppen, die ein auffälliges Verhalten zeigen – etwa indem sie alle schnell zu einer bestimmten Stelle laufen.
Videoüberwachung gibt es zwar jetzt schon an vielen Bahnhöfen. Doch schaffen es die Wachleute und Polizisten nicht, die Aufnahmen ständig aufmerksam live zu beobachten. Bahn und Bundespolizei sind deshalb an Systemen interessiert, die automatisch Alarm schlagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett