Terrorwarnung in Deutschland: Behörden fürchten Anschläge

Nach Veröffentlichung zweier Drohvideos warnen Sicherheitsbehörden vor Terroranschlägen auf Deutschland. Terroristen könnten so probieren, den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zu erzwingen.

Im Wahljahr verstärken die islamistischen Terroristen ihren Druck auf Deutschland: Standbild aus einem der Drohvideos. Bild: dpa

BERLIN dpa/ap/taz Die Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland oder gegen Deutsche im Ausland ist in der Einschätzung der Sicherheitsbehörden gestiegen. Attentäter könnten versuchen, ähnlich wie in Spanien im Jahr 2004 mit Anschlägen den Ausgang der Wahl zu beeinflussen, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Zierke. Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm bezeichnete die Wahrscheinlichkeit eines Terroranschlags als außerordentlich hoch. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte weiter, Deutschland werde sich nicht einschüchtern oder erpressen lassen. Das berichteten am Wochenende Bild am Sonntag und das Magazin Focus.

Kurz nach den verheerenden Terroranschlägen auf vier Madrider Pendlerzüge am 11. März 2004 hatten in Spanien die Wahlen zu einem Regierungswechsel geführt, und die neue Regierung hatte die spanischen Truppen dann aus dem Irak zurückgezogen. Bei den Anschlägen waren 191 Menschen getötet und mehr als 1.800 verletzt worden.

Möglicherweise könnten Islamisten eine ähnliche Strategie in Deutschland verfolgen, um so den Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan zu erzwingen. Dagegen spricht: Der Regierungswechsel in Spanien war keine unmittelbare Folge der Anschläge. Ausschlaggebend war der Versuch der Regierung, für die Anschläge vorschnell die baskischen Separatisten von der ETA verantwortlich zu machen.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Sonntag der taz: "Im Januar hat sich gezeigt: Terroristische Gruppen wie al-Qaida registrieren deutsche Politik und beziehen sich konkret auf hier laufende und anstehende Ereignisse. Das stellt eine neue Qualität der Bedrohung dar." Als Beleg verwies er auf zwei kürzlich aufgetauchte Videobotschaften: "Sie beziehen sich in deutscher Sprache sehr explizit auf Deutschland und sind teils professionell produziert."

Mitte Januar war ein Video mit dem Titel "Das Rettungspaket für Deutschland" bekannt geworden, in dem der Sprecher - vermutlich ein gebürtiger Marokkaner namens Bekkay Harrach, der in Koblenz studierte - in fast akzentfreiem Deutsch mit Anschlägen in Deutschland droht. Wenige Tage später folgte ein Video der Islamischen Dschihad-Union (IJU), aus dem die ARD zitierte: "In diesem Jahr haben wir ein paar Überraschungspakete an die Besatzungsmächte vorbereitet. Denn der Verbündete der Besatzungsmächte muss immer mit unseren Angriffen rechnen."

Ziercke hält zum Islam konvertierte Radikale aus Deutschland für besonders gefährlich: "Sie kennen die deutsche Infrastruktur, sind gesellschaftlich integriert und fallen aufgrund ihres Aussehens kaum auf."

Nach Einschätzung des Partei- und Fraktionsvorsitzenden der Linken, Oskar Lafontaine, hat die Bundesregierung mit dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan "den Terror ins eigene Land" geholt. Nur "die Abkehr von militärischer Gewalt" könne diese Entwicklung stoppen.

Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler kann Anhaltspunkte für konkrete Anschlagspläne nicht erkennen. "Die aktuellen Informationen sind eine Bestätigung für die schon länger existierende Tatsache, dass wir es mit einer allgemeinen Bedrohungslage zu tun haben", zitiert die Lausitzer Rundschau Stadler, der gegenwärtig den Vorsitz des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages innehat.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.