Terror von rechts: Nazis verschicken Drohbriefe
PolitikerInnen, AktivistInnen und Verlage erhalten derzeit bedrohliche Post. Wer hinter den Morddrohungen steckt, ist noch unklar.
Beide waren in den vergangenen Jahren bei Attentaten rechtsextremer Täter verletzt worden. Irene Mihalic, Innenpolitikerin der Grünen, sagte dazu, das Schreiben sei „krass“ und deute „eine neue Eskalationsstufe rechtsextremer Agitation und Gewalt an“. Die Schreiben reihen sich ein in eine Serie von Mails, die seit Dezember 2018 zu Hunderten verschickt wurden und zum Teil auch Bombendrohungen enthielten.
Wiederholt mussten deshalb Gebäude geräumt werden, etwa der Lübecker Hauptbahnhof und das Oberlandesgericht Bamberg. Sprengstoff fanden die Ermittler in keinem der Fälle. Unterzeichnet ist das aktuelle Schreiben mit: „Die Musiker des Staatsstreichorchesters“, in anderen Fällen nannten sich die Absender „Nationalsozialistische Offensive“, „Wehrmacht“ oder auch „NSU 2.0“. Wer hinter den Schreiben steckt, ist unklar.
Wer steckt hinter den Drohbriefen?
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, bei der die bundesweiten Ermittlungen in der Sache zusammenlaufen, äußerte sich am Mittwoch auf taz-Anfrage bis zum Redaktionsschluss nicht. Ursprünglich ging sie von einem Einzeltäter aus. Diese These war allerdings ins Wanken geraten, nachdem Anfang Mai der mutmaßliche Täter verhaftet wurde. Nur wenige Tage später verschickten Unbekannte wieder eine Nachricht, in der sie den Verhafteten als „Mitarbeiter“ bezeichneten und Kenntnisse offenbarten, über die reine Trittbrettfahrer nicht verfügen dürften.
Grünen-Politikerin Irene Mihalic sagte, es sei ein Versäumnis, dass der Vernetzung von gewaltbereiten Rechtsextremen bisher kaum Beachtung geschenkt worden sei. „Nun fehlen oft die Zusammenhänge, aber auch die klaren Kriterien, um solche Schreiben richtig einordnen zu können. Die Verharmlosung der Gefahr von rechts muss endlich ein Ende haben.“ Noch immer nicht gefasst sind auch die TäterInnen, die seit Mitte 2018 mehrere rassistische Morddrohungen an die Frankfurter NSU-Opferanwältin Seda Başay-Yıldız und deren Familie geschickt hatten.
Auch diese waren mit „NSU 2.0“ unterzeichnet. Die ErmittlerInnen gehen aber davon aus, dass die beiden Komplexe nicht miteinander zusammenhängen. Der Fall hatte in Frankfurt am Main einen Polizeiskandal ausgelöst. Persönliche Daten von Başay-Yıldız, darunter auch ihre Privatadresse, waren von internen Computern eines Frankfurter Reviers abgerufen und mutmaßlich von BeamtInnen weitergeleitet worden. Sechs BeamtInnen wurden daraufhin vom Dienst suspendiert. Weitere Konsequenzen gab es bisher nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag