Terror mit der Polizei: Kann ja mal passieren
Ein junger Mann wird Auslöser eines Großeinsatzes der Polizei in Bremen. Erst einen Tag, nachdem sie erfährt, dass er nicht gefährlich ist, gibt sie Entwarnung
Dort sei ein junger Mann aufgefallen, auf den die Beschreibung des Entwichenen gepasst habe. Die Folge: Ein Polizei-Großeinsatz einschließlich Spezialeinsatzkommando (SEK) und Evakuierung der Mall. Die Suche war erfolglos – statt dessen griff die Bundespolizei um Mitternacht den Gesuchten am Bremer Hauptbahnhof auf und übergab ihn an die Polizei Diepholz. Die verhörte den Mann und entließ ihn – nach Hause.
Ein als gefährlich geltender IS-Sympathisant wird nach einer Anschlags-Drohung einfach nach Hause geschickt? Peter Zeglin von der Polizei Diepholz sagte am Donnerstag zur taz, der Mann habe kurz vor seiner Flucht der Ärztin gegenüber „wohl Äußerungen zur Amoktat in München getätigt, aber das mit dem IS ist Auslegungssache“.
Durchaus, widerspricht sein Kollege Andre Zumbach tags darauf, habe der 19-Jährige „Sympathien für den IS bekundet“ – allerdings drei Tage vor seiner Flucht und kurz, bevor er in die Psychiatrie eingewiesen worden war, weil er sich in Polizeigewahrsam selbst verletzt hatte. Abgehauen war er dann am Mittwoch in Unkenntnis der Tatsache, dass er ohnehin nachmittags entlassen werden sollte: Eine Gefährdung, so die Begründung, läge nicht mehr vor.
Die Polizei wusste das, als der Weserpark evakuiert wurde, aber erst tags darauf gab sie preis, dass der Mann bereits seit fast 24 Stunden nicht mehr als gefährlich galt: „Für unseren Einsatz war das unerheblich“, sagt Zumbach. „Wir kannten den Mann ja nicht.“
Bei seiner nächtlichen Vernehmung habe der Mann tatsächlich einen ungefährlichen Eindruck gemacht – und überdies „glaubhaft versichert“, gar nicht im Weserpark gewesen zu sein. Die Mall war also ohne Grund evakuiert und durchsucht worden. Auf Nachfrage, warum sie auch diese Information erst viele Stunden später, nämlich am späten Donnerstagnachmittag, bekannt gab, sagt Zumbach: „Wenn man streng darauf achtet, nur fundierte Meldungen herauszugeben, kann das mal passieren.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen