Territorialkonflikt in Asien: Unruhige Gewässer

Der Streit zwischen China und Japan um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer spitzt sich zu. Militärische Auseinandersetzungen sind nicht auszuschließen.

„Wie oft und gegen wen wird China seine Kampfjets aufsteigen lassen, das ist die Frage“ Bild: dpa

TOKIO/PEKING ap | Im Territorialstreit zwischen China und Japan um eine unbewohnte Inselgruppe, die auf Japanisch Senkaku und auf Chinesische Diaoyu genannt wird, verhärten sich die Fronten. Beide Länder sowie auch Taiwan erheben Anspruch auf die Inseln, die aktuell unter japanischer Verwaltung stehen. Japans und Chinas Schiffe und Flugzeuge liefern sich rund um die Inseln ein Katz-und-Maus-Spiel.

Am Wochenende nun erklärte China eine Ausweitung seiner Luftverteidigungszone, die nach Auffassung Pekings auch die Inselgruppe umfasst. Die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung zwischen den asiatischen Mächten sei durch Chinas Vorgehen gestiegen, sagen Analysten.

Das löst natürlich auch in den USA große Besorgnis aus, denn gegebenenfalls müsste man dem Bündnispartner Japan zu Hilfe eilen. Entsprechend prompt reagierten die USA: Am Dienstag durchquerten amerikanische B-52-Bomber ohne vorherige Ankündigung die chinesische Luftzone. Es habe sich um einen seit langem vorgesehenen Trainingsflug gehandelt, hieß es von US-Seite.

Zu allem Überfluss hat sich auch noch das ohnehin zumeist angespannte Verhältnis zwischen Amerikas wichtigsten Verbündeten in der Region, Japan und Südkorea, eingetrübt. Das verkompliziert die strategische Lage in einem Moment, an dem die Regierung Obama die Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik hin zu Asien vorantreiben möchte. Dazu gehört nicht nur eine Stärkung der eigenen Bündnisse, sondern eigentlich auch ein besseres Verhältnis der strategischen Partner untereinander.

Südkorea ist enttäuscht von Japans Haltung zu seiner Geschichte als Kolonialmacht und fordert von Tokio mehr Wiedergutmachung. Auch das Bestreben Japans, seinem Militär durch eine Verfassungsänderung eine aktivere Rolle zuzugestehen, stößt bei dem Nachbarland auf Befremden. In Washington sei man besorgt, dass sich Seoul im Inselstreit auf die Seite Chinas schlagen könnte, sagt Victor Cha, unter US-Präsident George W. Bush im Weißen Haus zuständig für Asien-Angelegenheiten.

Historische Probleme und althergebrachte Rivalitäten

Die Regierung Obama habe ein großes strategisches Problem: „Wie wendet man sich Asien zu, wenn die beiden wichtigsten Verbündeten dort zutiefst zerstritten sind?“ „Die Region entwickelt sich in eine sehr problematische Richtung“, sagt auch der ehemalige US-Diplomat und Asien-Experte Evans Revere. „Das ist das Ergebnis von Territorialstreitigkeiten, historischen Problemen, althergebrachten Rivalitäten und der Unfähigkeit einiger Länder, die Geschichte ruhen zu lassen und stattdessen auf ein besseres Verhältnis hinzuarbeiten.“

Zusätzlich kompliziert wird die Lage durch das unberechenbare Nordkorea. Dass es den USA trotz jahrzehntelanger Animositäten gelungen ist, mit dem Iran eine Vereinbarung zu Teherans Atomprogramm auszuhandeln, unterstreicht, wie festgefahren ähnlich gelagerte Gespräche mit Pjöngjang sind. Im Gegensatz zum Iran verfügt Nordkorea bereits über Atomwaffen und treibt sein Rüstungsprogramm offenbar weiter rasch voran. Wenn US-Vizepräsident Joe Biden kommende Woche Japan, China und Südkorea besucht, wird er vermutlich all diese Themen ansprechen. Bidens Reise zeigt auch, welch große Bedeutung Washington Asien weiterhin beimisst.

Außenminister John Kerry hat die Region nicht links liegen gelassen, konzentriert sich derzeit aber vor allem auf den Nahen Osten. Das dürfte sich auch nicht rasch ändern, denn Kerry arbeitet auf das Ende des Bürgerkriegs in Syrien hin, bemüht sich darum, einen Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu vermitteln, und steht vor der Aufgabe, ein umfassenderes Atomwaffenabkommen mit dem Iran auszuhandeln, denn die jetzt getroffene Vereinbarung ist nur temporär. Nach seinem Amtsantritt 2009 hat Obama Asien außenpolitische Priorität zugewiesen und vor allem bessere Beziehungen zu China angestrebt. Der Gedanke dabei war es, die Bande zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften zu vertiefen und eine militärische Rivalität im asiatisch-pazifischen Raum zu vermeiden.

Langfristig neue Spannungen zu erwarten

Mit Pekings Ankündigung zur Ausweitung seiner Luftverteidigungszone haben diese Bemühungen einen Rückschlag erlitten. Japan, Südkorea und Taiwan haben das Vorgehen heftig kritisiert, auch die USA äußerten die Sorge, der Schritt könne die Spannungen in der Region mehren. Wenn Biden China besuche, werde er das Thema sicherlich mit militärischen und zivilen Gesprächspartnern erörtern, sagt die China-Expertin Bonnie Glaser von der amerikanischen Denkfabrik Center for Strategic and International Studies.

Länder hätten das Recht, derartige Flugzonen festzulegen, aber viel hänge davon ab, wie ernsthaft China die Einhaltung der Zone betreiben wird: „Wie oft und gegen wen wird China seine Kampfjets aufsteigen lassen, das ist die Frage“, sagt Glaser. Analysten sagten, es sei zwar nicht sofort mit Konfrontationen zu rechnen, Pekings Vorgehen passe jedoch zu früheren Fällen, bei denen China Territorialansprüche durch Taten untermauere. Langfristig könne dies zu gefährlichen Zwischenfällen führen.

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