Tennisspielerin über Hassnachrichten: „Hunderte solcher Nachrichten“
Die Hamburger Tennisspielerin Eva Lys veröffentlichte kürzlich an sie gerichtete Hassnachrichten. Sie hat dafür viel Zuspruch erhalten, sagt sie.
taz: Frau Lys, Sie waren dieses Jahr in der Hauptrunde der Australian Open, haben die zweite Runde bei den US-Open erreicht und jetzt beim prestigeträchtigen Finalturnier des Billie Jean King Cups gespielt. Wie schauen Sie auf die Saison zurück?
Eva Lys: Das war bis jetzt meine erfolgreichste Saison. Ich hatte letztes Jahr schon unglaublich gute Ergebnisse und freue mich sehr, dass ich sie dieses Jahr toppen konnte. Ich bin körperlich noch fitter geworden und mein Spiel ist stabiler. Auch mental bin ich weiter gewachsen und der Kopf spielt beim Tennis eine ganz wichtige Rolle: Du musst mit viel Selbstbewusstsein auf den Platz gehen. Durch die vielen Matches im Laufe der Saison gelingt mir das immer besser. Ich weiß jetzt, dass ich auch Top-Einhundert-Spielerinnen schlagen kann, dass ich jetzt zu den Besten gehöre.
Gerade für Ihr Alter haben Sie im Tennis schon sehr viel erreicht. Mit der Leistung kommen auch mediale Aufmerksamkeit und Druck. Belastet Sie das manchmal?
Tatsächlich gefällt mir die Aufmerksamkeit. Ich weiß, dass ich sie mir dieses Jahr echt verdient habe. Es ist eine tolle Bestätigung, wenn Leute mir sagen, dass sie mir gerne beim Tennis zuschauen. Im Endeffekt heißt das ja, dass ich das, was ich tue, gut mache. Und genau dafür stehe ich jeden Tag auf und trainiere. Außerdem bin ich eine extrovertierte Person und habe keine Angst davor, in der Öffentlichkeit zu stehen. Trotzdem habe natürlich auch ich mal Tage, an denen ich schlechter mit dem Druck zurechtkomme. Aber die Herausforderung beim Tennis ist eben nicht nur die sportliche Leistung. Es ist auch das Drumherum: sich gut zu ernähren, früh schlafen zu gehen, wenn es sein muss, und eben der Druck.
Ist es Ihnen als Jugendliche schwer gefallen, diese Selbstdisziplin zu bewahren?
Mir wurde das in die Wiege gelegt. Mein Vater war selbst Profi und trainiert mich bis heute. Ich bin also damit aufgewachsen und daran gewöhnt. Natürlich gab es mal Momente, in denen ich nach drei Trainingseinheiten am Tag abends lieber mit Freunden weggegangen wäre, was dann nicht möglich war. Aber wenn ich andererseits an all das denke, was ich durch den Sport schon erlebt habe, an all die Orte, an denen ich schon gewesen bin, ist es das wieder wert.
Wie ist es, den eigenen Vater als Trainer zu haben?
Wir verstehen uns zum Glück sehr gut. Klar, manchmal zoffen wir uns auch auf dem Platz und manchmal bin ich richtig genervt von ihm. Aber es gibt keine Person, die so sehr daran interessiert ist, dass es mir gut geht und mir nur das Beste für meine Karriere wünscht. So eine Person haben nicht alle Spielerinnen, deshalb schätze ich mich mit meinem Vater als Trainer echt glücklich.
21, spielt beim Hamburger Club an der Alster Tennis. Der Billie Jean King Cup gilt als wichtigster Mannschaftswettbewerb im Damentennis. Für Eva Lys war die diesjährige Teilnahme der zweite Einsatz für das deutschen Nationalteam. Dabei ist das deutsche Team in der Gruppenphase des Finalturniers ausgeschieden. Lys belegt Platz 114 auf der Tennisweltrangliste.
Ende Oktober haben Sie nach einem Turnier in Rumänien Hassbotschaften veröffentlicht, die Sie bei Social Media erhalten haben. Gegenüber dem Spiegel haben Sie gesagt, dass Sie die regelmäßig von Personen bekommen, die auf ein Spiel gewettet haben und dann enttäuscht über eine Niederlage sind. Warum haben Sie sich gerade jetzt dazu entschieden, das öffentlich zu teilen?
Je größer das Turnier ist, bei dem ich spiele, desto mehr Hassnachrichten bekomme ich nach einem verlorenen Match. Das Halbfinale in Rumänien war bisher mein größter Erfolg auf der professionellen WTA-Ebene. Danach habe ich auf mein Handy geschaut und schon wieder Hunderte solcher Nachrichten und Kommentare gelesen. Morddrohungen, Vergewaltigungsdrohungen, Gewaltandrohung gegen meine Familie – es waren wirklich schlimme Botschaften dabei. Das erleben Tennisspielerinnen und -spieler jede Woche. Und ich habe mir einfach gedacht: Jetzt reicht’s. Ich finde, das Erste, was man dagegen machen kann, ist, darüber zu reden.
Und wie hat es sich angefühlt, das öffentlich zu machen?
Sehr gut. Ich habe danach viel Zuspruch bekommen. Viele Leute, die nichts mit Tennis zu tun haben, wussten vorher gar nicht, dass dieses Problem überhaupt existiert. Es freut mich, dass ich dazu beigetragen habe, dass das Thema Aufmerksamkeit bekommt. Es ist nämlich wichtig, gerade jüngere Spielerinnen und Spieler davor zu schützen. Ich bin keine Person, die Probleme in sich hineinfrisst, deshalb fühlt es sich gut an, etwas zu unternehmen. In diesem Fall: Sichtbar zu machen, was passiert. Das ist der erste Schritt.
Welche Schritte müssten noch folgen?
Ich glaube nicht, dass wir Spielerinnen diese Frage beantworten können oder sollten. Wir können nur öffentlich machen, was passiert. Bei mir haben sich danach viele Organisationen gemeldet, die sich gegen Hass im Netz engagieren. Solche Organisationen haben sicherlich Ideen für weitere Schritte.
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