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Tennisspielerin Eva LysErst raus, dann oben

Die deutsche Tennisspielerin Eva Lys steht in der dritten Runde der Australian Open. Dabei war sie in der Qualifikation ausgeschieden und Nachrückerin.

Eva Lys in der zweiten Runde der Australian Open Foto: Manish Swarup/ap/dpa

Als Eva Lys am vergangenen Freitag auf Platz 3 des National Tennis Centers grimmig ihre Sachen zusammenpackte, konnte sie nicht ahnen, dass sie sechs Tage später zur glücklichsten Verliererin des Tenniszirkus avancieren würde.

Lys, die als das größte Talent im deutschen Frauentennis gilt, verlor an jenem 9. Januar in der dritten Qualifikationsrunde der Australian Open gegen die Lokalmatadorin Destanee Aiava. Damit war das Grand-Slam-Abenteuer vorüber, eigentlich. Wenige Tage später jedoch, am 16. Januar, wurde es dann für die 23-Jährige kunterbunt. Durch den Ausfall einer Kollegin rückte Lys plötzlich ins Hauptfeld nach, „fünf Minuten vor Matchbeginn“, gegen Kimberly Birrell.

Das Wunder geht sogar noch in die Verlängerung. Am Donnerstag erreichte Lys zum ersten Mal in ihrer Karriere die dritte Runde eines Major-Wettbewerbs. „Wortlos glücklich“ sei sie, sagte Lys nach ihrem hart erkämpften 6:2, 3:6, 6:4 gegen die Französin Varvara Gracheva, „ich lebe hier gerade meinen Traum.“

Ich lebe hier gerade meinen Traum.

Eva Lys

Ausgeschieden, auf gepackten Koffern gesessen, die unverhoffte Chance dann herausragend genutzt – die Lys-Geschichte war das bisher verrückteste Stück dieser jungen Tennissaison. Aber es war auch eine Genugtuung für eine Athletin, die in den vergangenen Jahren mit großen gesundheitlichen Herausforderungen und Anfeindungen im Kosmos der sozialen Medien konfrontiert war. „Ich ziehe meinen Hut vor Eva, wie sie das alles stemmt“, sagte Barbara Rittner, die langjährige Frauenchefin des Deutschen Tennis-Bunds.

Krankheit und Hass-Welle

Im Frühling 2024 hatte die in Kiew geborene Lys öffentlich gemacht, an einer rheumatischen Autoimmunkrankheit zu leiden – der sogenannten Spondylarthritis, die unter anderem für Erschöpfungszustände und Rückenschmerzen verantwortlich ist. Lange Zeit hatte Lys über ihre Probleme geschwiegen, nicht zuletzt, weil sie befürchtete, „dass mir unterstellt wird, nach Ausreden für Niederlagen zu suchen“.

Zugleich musste Lys noch gegen Hass und Hetze auf verschiedenen Internetplattformen kämpfen. Immer wieder stellte die Einser-Abiturientin Personen bloß, die sie in Kommentaren beleidigten, etwa als „nutzlose, lächerliche Figur“ oder als „Schande ohne jedes Talent“. Der Frau eines Hass-Schreibers („Das war eine feige Scheiße, die du abgezogen hast“) schrieb Lys ihrerseits, ob sie wisse, „dass ihr Mann eine 22-jährige Tennisspielerin auf Instagram beleidigt“.

Sportlich hat Eva Lys das Potenzial, mit ihrem Powerplay an guten Tagen sehr, sehr viele Rivalinnen in der Weltspitze zu schlagen. Was der 23-Jährigen bisher fehlte, war die Konstanz, das gleichmäßig hohe Niveau über längere Strecken. „Da ich meine Krankheit inzwischen gut im Griff habe, hoffe ich auch, da mehr Stetigkeit reinzukriegen“, sagte Lys, die sich im WTA-Liveranking (Platz 111) aktuell ihrer bisherigen Bestplatzierung (105) stark annähert.

Das freut auch ihren Vater Vladimir, ein ehemaliger ukrainischer Davis-Cup-Spieler, der schon von diesen Australian Open abgereist war, bevor seine Tochter es doch noch ins Hauptfeld schaffte. „Er freut sich unwahrscheinlich für mich“, sagt Lys. Ganz nebenbei: Die Familienkasse ist auch ein erheblicher Nutznießer des realen Melbourne-Wahnsinns. Als Drittrunden-Qualifikantin hätte Lys umgerechnet etwa 43.500 Euro verdient. Nun, als stolze Teilnehmerin der dritten Hauptfeldrunde, sind es 175.000 Euro. In Runde drei trifft Lys nun am Samstag auf die Rumänin Jaqueline Cristian.

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