Temporäre Spielstraßen in Berlin: Laufrad statt Auto
Temporäre Spielstraßen feiern ihr vierjähriges Jubiläum in Berlin. Trotz großen Erfolgs ist das Projekt bedroht.
Doch der Initiative droht das Aus. Im neuen Doppelhaushalt sei deutlich zu wenig Geld eingeplant, um das Projekt am Laufen zu halten, sagt Gabi Jung, Sprecherin des Bündnisses Temporäre Spielstraßen, der taz.
Gegründet hat sich die Initiative 2019, um die „Unterversorgung mit Spielplätzen“ anzugehen, erzählt Jung. Natürlich gehe es auch um die Verkehrswende und eine alternative Nutzung von Straßen. Sie spreche lieber von „Spiel- und Nachbarschaftsstraßen, weil es um die ganze Nachbarschaft geht“. Das Projekt werde sehr gut angenommen. „Manchmal ist es echt rappelvoll.“
Trotz des großen Erfolgs sind für das Projekt im Haushaltsentwurf für 2024 und 2025 nur je 50.000 Euro vorgesehen. Für das laufende Jahr sind noch 180.000 Euro angesetzt. Diese werden laut Jung auch in den nächsten Jahren benötigt.
Andere Finanzierungsmöglichkeiten müssen her
Das bestätigt auch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, das für die Koordination aller Spielstraßen zuständig ist. „Von den 24 Spielstraßen berlinweit würden 14 in der kommenden Saison auf jeden Fall nicht mehr stattfinden, da das Aufstellen der temporären Verkehrszeichen nicht mehr finanziert werden könnte“, heißt es auf taz-Anfrage. Dabei gebe es großes Interesse, das Projekt fortzuführen. Derzeit würden andere Finanzierungsmöglichkeiten geprüft.
Holger Hofmann ist Bundesgeschäftsführer des deutschen Kinderhilfswerkes, das auch Teil des Bündnisses ist, und sagt: „Die beabsichtigte Mittelkürzung des Senates für das Programm ist eine Ohrfeige für die betroffenen Kinder und Familien.“ Die temporären Spielstraßen seien an vielen Orten die einzige Möglichkeit für Kinder, draußen zu spielen.
Hofmann warnt, dass der Wegfall der Spielstraßen vor allem Kinder aus ärmeren Familien treffen werde, da diese weniger Ausweichmöglichkeiten haben. „Berlin verliert damit ein Stück seine Vorreiterrolle“, sagt er und fordert die Bezirke dazu auf, sich für dieses wichtige Projekt stark zu machen.“ CDU und SPD könnten das Aus durch eine „Korrektur in den Haushaltsverhandlungen“ verhindern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene