Tempolimit auf Autobahnen: Reine Verzögerungstaktik
Eine langwierige Erstellung von Studien verzögert die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen immer weiter. Das kostet Menschen ihr Leben.
D ie Diskussion über das Tempolimit erinnert fatal an das jahrzehntelange Gebaren der Tabakindustrie. Auch die Zigarettenhersteller haben hartnäckig behauptet, es sei überhaupt nicht erwiesen, dass Rauchen gesundheitschädlich sei. Aus heutige Sicht erscheint es bizarr, dass die TabakproduzentInnen damit so lange durchkamen. Kein Mensch würde heute öffentlich in Frage stellen, dass Rauchen krank macht – einfach, weil niemand sich dem einsetzenden Gespött aussetzen wollen würde. Denn es ist eine Gewissheit, dass Rauchen nicht nur die Gesundheit der Abhängigen selbst, sondern auch die der unfreiwillig Mitrauchenden gefährdet.
Wie beim Rasen auf der Autobahn. Längst haben Gesellschaft und GesetzgeberInnen Konsequenzen aus den Gefahren des Qualmens gezogen. Das steht beim Heizen über die Autobahn noch aus. Leider.
Die Unfallforscher der Versicherungsfirmen fordern einen großangelegten Praxistest, ob ein Tempolimit zu mehr Sicherheit führt. Andere – darunter auch BefürworterInnen – fordern ebenfalls Studien. Das klingt harmlos – kann man mal machen, schadet ja nicht. Denn eine langwierige Beauftragung und Erstellung von Studien verzögert die nötige Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen immer weiter. Diese Verzögerung kostet Menschen das Leben und lässt die Sicherheitsaspekte eines Tempolimits als offene Frage erscheinen. Doch das ist keine offene Frage. Aus guten Gründen haben von wenigen Ausnahmen abgesehen alle Länder der Welt ein Tempolimit auf Autobahnen eingeführt.
Es ist es keineswegs nur der gesunde Menschenverstand, der einer und einem sagt, dass höhere Geschwindigkeiten gefährlicher sind als niedrigere. Das sagen auch die Erfahrungen mit Tempobegrenzungen in Städten und auf Landstraßen. Nach deren Einführung vor vielen Jahren sind die Zahlen der Unfalltoten extrem gesunken. Es gibt durchaus Studien, Tests und Untersuchungen zum Unfallgeschehen mit hohen Geschwindigkeiten auf Autobahnen. Nach der Einführung eines Tempolimits auf einem Abschnitt der A24 in Brandenburg zum Beispiel halbierte sich die Zahl der Verkehrstoten in einem Vergleichszeitraum von jeweils sechs Jahren von 38 auf 19 Personen.
Die GegnerInnen des Tempolimits wollen solche Untersuchungen nicht akzeptieren. Man sollte ihnen nicht den Gefallen tun und sie damit durchkommen lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“