piwik no script img

Tempelhof-Debatte in der tazAlles ist offen

Bei einer Veranstaltung im taz-Café prallten am Mittwoch die Positionen von Gegnern und Befürwortern des Tempelhofer Felds aufeinander.

Bei der Veranstaltung im tazcafé. Senator Michael Müller ließ sich ab der Publikumsrunde von seinem Staatssekretär Christian Gaebler vertreten. Bild: Claudius Prößer

BERLIN taz | Ohne eine Breitseite gegen den parteipolitischen Widersacher konnte es nicht abgehen: „Ich finde es zutiefst unehrlich, wie Sie hier mit dem Bürgerwillen umgehen“, warf Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) seinem Kontrahenten Daniel Wesener, Landesvorsitzender der Grünen, an den Kopf.

Dessen offene Flanke: Die Grünen werben zwar für den Gesetzentwurf der Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“, der am Sonntag zur Abstimmung steht und eine Bebauung auf der riesigen Freifläche verbietet. Aber eigentlich hätten sie gar kein Problem damit, wenn das Feld entwickelt würde – nur eben nicht so, wie der Senat es will.

Die Berlin-Redaktion der taz hatte am Mittwochabend zu einer Diskussionsveranstaltung unter dem Motto „Wohnen oder Leben“ ins tazcafé geladen. An die hundert Interessierte waren gekommen – fast ausschließlich Mitglieder oder Befürworter der Initiative, weshalb Müller und der Chef der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land, Ingo Malter, sich mehr als einmal gegen aufgebrachte Zwischenrufe wehren mussten.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Der Senator, für den die Entscheidung am Sonntag auch eine Imagefrage ist, kämpfte engagiert für die Bau-Pläne und kritisierte indirekt auch seine Amtsvorgängerin Ingeborg Junge-Reyer: Ja, man habe zu lange abgewartet, während die Spannung auf dem Wohnungsmarkt gewachsen sei. Jetzt müsse aber dringend gehandelt und neuer Wohnraum „in innerstädtischen Lagen mit dem vollem Mobilitätsangebot“ geschaffen werden: „Den Menschen, die nach Berlin ziehen, können wir doch nicht sagen: Schön, dass ihr kommt, aber wohnen könnt ihr hinter den sieben Bergen.“

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Für Wesener geht der Masterplan des Senats an den Bedürfnissen der Stadt vorbei. „Sie wollen eine Berliner Mischung in den Wohnquartieren auf dem Tempelhofer Feld“, kritisierte er Müller und Malter, „aber ein Viertel der BerlinerInnen hat gar keine Chance, dort eine Wohnung zu bekommen.“

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Dazu seien die angestrebten Kaltmieten zwischen 6 und 8 Euro für einen Teil der Wohnungen immer noch zu hoch. Den Kompromiss-Entwurf, der in Gesprächen zwischen allen Fraktion hergestellt werden sollte, habe der Senat platzen lassen, weil er sich auf nichts Konkretes habe festlegen wollen.

Michael Schneidewind, der für die Volksinitiative auf dem Podium saß, hielt sich aus der wohnungspolitischen Debatte weitgehend heraus und machte lieber ein anderes Fass auf: Die bestehenden Formen der Bürgerbeteiligung seien obsolet und spiegelten den Willen der Mehrheit nicht wider.

Sein Vorschlag: Bei „Schlüsselprojekten“ wie der Entwicklung des Tempelhofer Feldes solle es am Ende immer ein Referendum geben. Was Stadt-und-Land-Chef Malter zu der Replik verleitete, man könne nicht alle Entscheidungen von den Bürgern treffen lassen, sondern müsse sich an das Urteil der Fachleute halten. „Wenn ich Zahnschmerzen habe, gehe ich zum Zahnarzt und frage nicht die Leute in meiner Straße.“

Im Laufe des Abends bestätigte sich vor allem ein Eindruck: Alles ist möglich am Sonntag. Weder die eine noch die andere Seite ist sich ihrer Sache sicher – oder will es nicht zeigen.

Nicht zu überhören war auch das Schweigen des SPD-Politikers Müller zum Neubau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB), dem Leib-und-Magen-Projekt seines Genossen Klaus Wowereit. Am Ende hatte das jüngst vom Landesrechnungshof kritisierte Vorhaben nur einen einsamen Fürsprecher im Publikum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!