Telekom-Spitzelaffäre: Der unglaubliche Herr Zumwinkel
Ex- Telekom-Aufsichtsrat Zumwinkel soll von illegalen Ausspähaktionen gewusst. haben. Außerdem lässt sich er sich als Ex-Postchef 20 Millionen Euro Pension auszahlen.
KÖLN taz Erst letzte Woche wurden ihre Anwesen in Italien und der Schweiz durchsucht, nun geraten der ehemalige Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Ex-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke in der Telekom-Bespitzelungsaffäre weiter unter Druck. Laut einem konzerninternen Aktenvermerk, der am Wochenende öffentlich wurde, sollen die Manager illegale Ausspähaktionen zumindest gedeckt haben.
Nach Informationen des Spiegels werden in dem Vermerk Zumwinkel und Ricke als Verantwortliche für eine Operation benannt, bei der mit Hilfe eines bezahlten Informanten in der Redaktion des Wirtschaftsmagazins Capital das damalige Telekom-Aufsichtsratsmitglied Wilhelm Wegner als Quelle der Zeitschrift überführt werden sollte. Verfasser des Papiers ist der ehemalige Leiter der internen Ermittlungsabteilung KS 3, Klaus Trzeschan. Der frühere Fernmeldeoberrat sitzt seit Dezember in Untersuchungshaft und gilt als eine Schlüsselfigur in der Affäre.
Als "in die Abwicklung eingebunden" werden in dem Schreiben vom 29. November 2005 sieben Personen aufgezählt. Darunter "VV Herr Ricke" und "VAR Herr Dr. Zumwinkel". Dabei habe es "der Vorgabe des VV als auch der Weisung des VAR" entsprochen, wegen der besonderen Brisanz dieses Ermittlungsauftrags den "Kreis der involvierten Personen extrem klein zu halten".
Weiter heißt es, beim Verlagshaus Gruner + Jahr hätte eine "Innenquelle" gewonnen werden können, "die bereit war, die gegebenen Informationen durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu belegen" - gegen Bares. Und: "Auf Weisung von Herrn Dr. Zumwinkel ist die Abwicklung der Ausgleichszahlung genauso diskret und ,geräuschlos' abzuwickeln wie der gesamte Ermittlungskomplex." An der Existenz einer Telekom-Quelle beim Verlag zweifelt die Staatsanwaltschaft allerdings. Trzeschan könnte sich an dem bereitgestelltem Geld auch persönlich bereichert haben.
Unterdessen sorgt die erst jetzt bekannt gewordene Auszahlung von Pensionsansprüchen Zumwinkels für Aufregung. Dass der Ex-Postchef etwa 20 Millionen Euro auf einem Schlag kassierte, sei ein "absoluter Skandal", wetterte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sprach von einer "Unverschämtheit gegenüber allen in unserem Land, die hart arbeiten, ehrlich Steuern zahlen und sich an die Regeln halten".
Die Auszahlung wirft auch Fragen nach den finanziellen Verhältnissen von Zumwinkel auf. Vor dem Bochumer Landgericht, das ihn wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilte, hatte er sein aktuelles Vermögen "nur" auf etwa 13 Millionen Euro beziffert. PASCAL BEUCKER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner