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Technoparade Zug der Liebe in BerlinKeine Melonen erwünscht

Auch dieses Jahr zieht die Technoparade Zug der Liebe durch Berlin. Der Nahostkonflikt ist auch hier ein wesentlicher Bestandteil.

Zug der Liebe ist eine Technoparade die seit 2015 jährlich durch Berlin zieht Foto: dpa | Annette Riedl

taz: Herr Schwan, „Bässe verbinden“ lautet das diesjährige Motto Ihrer Technoparade Zug der Liebe. Glauben Sie selbst noch an die verbindende Kraft der Bässe, seit sich die Berliner Clubkultur nach dem 7. Oktober so dermaßen gespalten hat?

Jens Schwan: Der Graben, der die Berliner Clubkultur spaltet, ist so tief, dass eine Verbindung nur noch schwer möglich ist. Die meisten Akteure der Berliner Clubszene haben sich wie die letzten Lappen benommen, als es darum ging, Solidarität mit dem von der Hamas am 7. Oktober angegriffenen Supernova Festival in Israel zu zeigen. Gleichzeitig gibt es eine sehr kleine, aber lautstarke Mischpoke, die zum Boykott des About Blank und des Berghain aufruft, weil diese als zu israelfreundlich wahrgenommen werden. Demgegenüber registriere ich aber keine Berliner Clubkulturszene – und damit meine ich vornehmlich die Betreiber dieser Läden – die sich gegen dieses Treiben in irgendeiner Weise positioniert. Das About Blank ächzt unter den Boykottbemühungen der BDS-Bewegung und veranstaltet trotzdem Solipartys für das Supernova Festival. Ich sehe sonst niemanden, der das ähnlich machen würde.

taz: In einer Presseerklärung zu Ihrer Parade steht, dass Nationalflaggen auf der Demo verboten sein werden und Banner, auf denen einseitige antiisraelische Positionen vertreten werden. Wollen Sie so verhindern, dass der eben beschriebene Konflikt auch auf Ihrer Parade ausgefochten wird?

Schwan: Wir sehen ja, was gerade passiert auf so vielen Propalästinademonstrationen. Deshalb wird es bei uns diese Verbote geben. Ich habe auch der Polizei gesagt, dass ich keinen einzigen propalästinensischen Schreihals auf der Demo sehen will. Alles, was nicht unserem Leitbild entspricht, will ich da nicht haben. Wenn du mit der Regenbogenfahne mit einem Davidstern kommst, ist das in Ordnung, aber eine Melonenfahne möchte ich auf der Demo nicht sehen.

Jens Schwan

ist Gründer und Organisator der Technoparade Zug der Liebe, die es seit 2015 gibt.Er betreibt das Clubportal Clubmap.

Zug der Liebe – 31. August, Start am Mauerpark um 13 Uhr

taz: Auf der Homepage des Zugs der Liebe prangt ziemlich zentral ein Banner der Organisation „Artists against Antisemitism“. Sodass man den Eindruck bekommen kann, hier das eigentliche Motto Ihrer Parade zu erkennen.

Schwan: Der Verein Freunde des Mauerparks, der sonst immer mit beim Zug der Liebe dabei war, meinte jedenfalls, wegen dieses Banners und weil das so einseitig wirkt, würden sie in diesem Jahr lieber nicht teilnehmen. Ich habe den Claim „Artists against Antisemitism“ natürlich bewusst als Gegenreaktion zu diesen Israel-Boykottbewegungen wie „DJs against Apartheid“ ganz oben auf die Homepage gepackt.

taz: Können Sie Bedenken verstehen, wenn Sie zwar klar Stellung gegen Antisemitismus beziehen, aber mit keinem Wort Verständnis äußern, wenn Leute gegen die brutale Kriegsführung Israels in Gaza demonstrieren?

Schwan: Nicht wirklich. Natürlich finde auch ich Israels Präsidenten Netanjahu scheiße. Aber dass das so eskalieren würde in Gaza, konnte ja allen klar sein. Man bringt nicht 1.200 Leute um und denkt dann, danach wird nicht viel passieren. Der Krieg in Gaza geht auf die Kappe der Hamas.

taz: Wollen Sie überhaupt, dass sich die Berliner Clubszene wieder beruhigt?

Schwan: Das wird sich wie immer irgendwann wieder beruhigen, was ich aber eher traurig fände. Ich wünsche mir tatsächlich nicht, dass es sich wieder beruhigt. Ich hoffe, dass bei denjenigen, die sich nach dem 7. Oktober wie Arschlöcher benommen haben, das Karma zuschlägt und deren Veranstaltungen keine Zukunft haben. Wer sich volksverhetzend geäußert hat, sollte auch nicht mehr an die Fördertöpfe rankommen. Ob ich kompromissbereit bin gegenüber Leuten, die sich als totale Israelhasser geoutet haben? Nö.

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8 Kommentare

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  • Klare Worte 👍🏻 Danke dafür.

    Beim Berghain hat sich in den letzten Jahren vieles zum schlechteren entwickelt, aber ich bin froh, dass es hier wenigstens _eine_ Techno-Instanz gibt, die die Fahne der Freiheit hochhält.

    Im gesamten nahen und mittleren Osten gibt es genau einen einzigen Staat wo Menschen frei auf Techno feiern und ihre Sexualität ausleben können.



    Einen. Genau. Einen. Staat.



    Und für die Abschaffung dieses einen Staates wird unter anderem auf dem CSD (!) demonstriert.



    Das kann sich keiner ausdenken.

    Aber es kann sich doch niemand Illusionen machen, dass in einer Hamas-kontrollierten Irankopie Homosexualität erlaubt sein könnte? Oder Musik. Oder Alkohol.

  • "Der Krieg in Gaza geht auf die Kappe der Hamas."

    Natürlich geht es auf die Kappe der Hamas, dass Israel da reagiert hat. Das kann man wohl auch kaum in Frage stellen.

    Was aber auf die Kappe Israels geht, ist das WIE. Kriegsverbrechen, Menschen verhungern lassen, Tötung der Zivilbevölkerung, Städte flächendeckend zerbomben, Annexionspläne ausbrüten und genozidiale rechtsextreme Zielsetzungen in der Regierung sind absolut keine angemessenen Reaktionen.

    Damit hat die israelische Regierung die Zahl der Gegner massiv und weltweit erhöht und Israel auf Dauer in Gefahr gebracht.

    • @Rudolf Fissner:

      Wie hätte Israel denn reagieren sollen?

      Wachtmeister Schulze nach Gaza schicken?

      Was ist ihrer Meinung nach das Ziel von Hamas, Hisbollah und IJ?

  • "taz: Können Sie Bedenken verstehen, wenn Sie zwar klar Stellung gegen Antisemitismus beziehen, aber mit keinem Wort Verständnis äußern, wenn Leute gegen die brutale Kriegsführung Israels in Gaza demonstrieren?



    Schwan: Nicht wirklich. Natürlich finde auch ich Israels Präsidenten Netanjahu scheiße. "

    Da hat aber jemand nicht verstanden, dass es bei Positionierungen gegen Kriegsverbrechen, genozidiale Aussagen aus der Regierung, Rechtsextremismus in der Regierung, Nationalismus, Landdiebstahl und Menschenrechtsverletzungen, nicht darum geht "Netanjahu scheiße zu finden" "Sturm der Liebe" ist keine Positionierung sondern Kitsch,

    • @Rudolf Fissner:

      Passt wieder mal wie die Faust aufs Auge.

      Eine der wenigen Veranstaltungen, die sich nicht mehr oder weniger offen antisemitisch, antizionistisch, antiisraelisch positionieren, läuft bei ihnen unter Kitsch.

      Meanwhile nimmt das Elend Fahrt auf, man skandiert mittlerweile einfach so "Hamas, Hamas" und vor ein paar Tagen wurde das Mahnmal in der Berliner Rosenstraße, das an den Protest von Frauen, die gegen die Inhaftierung ihrer jüdischen Männer demonstrierten, mit propalästinensischen, antisemitischen Parolen geschändet.

      www.t-online.de/re...-festgestellt.html

      Immer mehr kristallisiert sich heraus, es geht gegen die Juden, nicht einmal nur gegen den jüdischen Staat, der als Platzhalter für alle Juden steht.

      Sollte ihnen das alles dereinst dämmern, wird es wohl zu spät zu sein.

  • Melonenfahne, ich lerne immer was neues.

  • Ich erinnere mich noch an die Großkundgebung gegen Rechts Anfang des Jahres in Berlin, wo es auch hieß, Nationalfahnen sind nicht erwünscht. Fridays for Future Berlin hatte das organisiert und was wurden die angefeindet, weil sie die riesige Palästinafahne aus der Masse herausdrängen ließen.

    Gut, dass der Veranstalter hier eine klare Position vertritt. Ich wünsche viel Erfolg.