Tausende auf der Straße: Demonstranten für Abschiebestopp
In vielen deutschen Städten demonstrieren Menschen gegen die Abschiebung nach Afghanistan. Das sei kein sicheres Herkunftsland, finden sie.
Bund und Länder hatten sich am Donnerstag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darauf verständigt, dass es deutlich mehr Abschiebungen geben soll. Umstritten sind aber vor allem Rückführungen nach Afghanistan, wo radikal-islamische Talibankämpfer immer wieder Anschläge verüben. Der Flüchtlingsrat Nordrhein-Westfalen bekräftigte am Wochenende, Afghanistan sei nicht sicher. Vielmehr habe sich die Lage nach einem Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks zuletzt noch einmal verschlechtert.
In einem von zahlreichen Organisationen wie etwa Pro Asyl unterzeichneten Brief an Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit Datum vom Samstag heißt es: „Sie dürfen keine Menschen in ein Land zurückschicken, in dem Krieg, Terror und existenzielle Not und Gefährdung herrschen.“ Der Minister selbst bewege sich in der afghanischen Hauptstadt Kabul nur in Schutzkleidung und gepanzerten Fahrzeugen. „Sie selbst zeigen uns, wie unsicher es dort ist.“
Laut Flüchtlingsrat NRW gab es in Afghanistan von Januar bis September 2016 mit 5835 verletzten und 2562 getöteten Zivilisten so viele Opfer wie seit 2009 nicht mehr. Nicht einzelne Regionen, sondern das gesamte Land sei vom Kampf zwischen Regierungstruppen und Taliban betroffen. Die Sammelabschiebungen mit zwei Flügen im Dezember und Januar seien ein Tabubruch gewesen, der sich nicht wiederholen dürfe.
Größte afghanische Gemeinde in Hamburg
Vom bayerischen Flüchtlingsrat hieß es, die Angst vor einer Abschiebung sei unter den in Bayern lebenden Afghanen groß. „Die Leute trauen sich teilweise nicht mehr in die Berufsschule.“
Die Hamburger Organisatoren erklärten zu der Situation in Afghanistan: „Die Menschen, die zur Rückkehr gezwungen werden, können dort kein Leben in Sicherheit führen. Ein Leben in Würde ist unter diesen Bedingungen undenkbar.“ Hamburg hat mit rund 20 500 Mitgliedern bundesweit eine der größten afghanischen Gemeinschaften.
In Berlin zog am Samstag ein Protestzug vom Brandenburger Tor zum Alexanderplatz. Die Polizei sprach von rund 200 Teilnehmern, der Flüchtlingsrat Berlin von bis zu 2000 Menschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen