„Tatort“ aus dem Schwarzwald: Männer in der Krise
Êine Frau wird vergewaltigt und die Kommissare stehen vor einem moralischen Dilemma: Brechen sie das Gesetz, um den Täter zu finden?
Es braucht kaum Worte, um klarzumachen, was hier passiert ist. Die Bilder erzählen es: eine unsichere Frau wird von einer Ärztin ausgezogen – „die Unterhose bitte auch“. Ihr Körper ist übersät mit blauen Flecken, am Kopf eine Wunde. Mit gespreizten Beinen sitzt sie auf einem gynäkologischen Stuhl, die Ärztin nimmt einen Vaginalabstrich.
Es gab ein Weinfest am Abend zuvor, die Frau (Victoria Trauttmansdorff) tanzte, trank viel, flirtete mit einem Mann und lief allein nach Hause. Dann setzt ihre Erinnerung aus.
Die Schwarzwaldkommissare Tobler (Eva Löbau) und Berg (Hans-Jochen Wagner) finden einen ähnlichen Fall auf der französischen Rheinseite. Das damalige Opfer ist nach der Vergewaltigung gestorben, der Täter wurde nie gefasst. Die deutschen Kommissare bitten die französischen Kollegen um Auskunft – und die können helfen.
Theoretisch zumindest, denn die Franzosen wissen mehr als die Deutschen wissen dürfen. In Frankreich ist zu dem Zeitpunkt, zu dem der „Tatort“ spielt, schon erlaubt, was in Deutschland erst Ende 2019 erlaubt wird: die erweitere DNA-Analyse, mit der Alter, Haut-, Haar- und Augenfarbe von einem Täter ermittelt werden können.
Schwarzwald-“Tatort“ „Rebland“, So., 20.15 Uhr, ARD
Das Gesetz übergehen, um den Täter zu finden?
Tobler und Berg stehen vor einem moralischen Dilemma: Übergehen sie das deutsche Gesetz und besorgen sich die Informationen? Oder halten Sie sich an ihre Chefin, die die erweiterte DNA-Analyse verdammt?
Die Kommissare kreisen schließlich drei potentielle Täter ein. Ein wirkliches Motiv hat keiner, und damit irgendwie doch alle. Jeder geht gerade durch eine Krise und löst sie auf seine sehr männliche Art: sexistisch, aggressiv, mit Alkohol.
Nicole Armbruster und Barbara Kulcsar, die Autorin und die Regisseurin des Films, haben sich viel vorgenommen für diesen Fall: Es geht um sexuelle Gewalt, um gekränkte Männlichkeit, um Rassismus und die Stigmatisierung von Minderheiten. Das ist viel für 90 Minuten, und so gerät einiges, das gut erdacht ist, holzschnittartig. Die Dialoge über die Frage, welche DNA-Informationen Polizisten nutzen dürfen sollten, klingen teilweise wie von der Ethikkommission diktiert.
Absolut überzeugend aber ist Victoria Trauttmansdorff, die nach der Vergewaltigung so gar nicht das gebrochene Bild abgeben möchte, das alle von ihr erwarten: „Die Opferschublade geht mir so auf die Nerven“, sagt sie, was auch als Appell an sämtliche „Tatort“-MacherInnen verstanden werden darf. Ein so klischeefreies starkes Opfer sieht man tatsächlich selten im deutschen Krimi.
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