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Tarifverhandlungen der PädagogenUnmut im Lehrerzimmer

In der Tarifrunde der Länder geht es auch um die Eingruppierung angestellter LehrerInnen. Die gleiche pädagogische Arbeit wird unterschiedlich vergütet.

Je nach Status und Region unterschiedlich bezahlt: Lehrer. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Realschule Extertal ist kampfbereit, auch die Gesamtschule Lemgo ist auf dem „Streikatlas“ der Lehrergewerkschaft GEW im nordrhein-westfälischen Lippe als mögliches Einsatzgebiet verzeichnet. „Der Unmut ist groß“, berichtet Susanne Huppke, Kreisvorsitzende der GEW in Lippe. An manchen Schulen unterrichten angestellte neben verbeamteten LehrerInnen in Parallelklassen an Schulen – „und kriegen 500 Euro weniger im Monat“, sagt Huppke.

Die GEW möchte mehr Gehalt, aber auch eine tarifliche Regelung der Eingruppierung für die angestellten Lehrkräfte erreichen. Die Eingruppierung gehört zum Verhandlungskatalog der Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder, die am Donnerstag begann. Die Gewerkschaft Verdi, die GEW und weitere Gewerkschaften fordern für die rund 800.000 Beschäftigten der Länder eine Entgelterhöhung von 6,5 Prozent. 200.000 dieser Angestellten sind Lehrer.

Die Eingruppierungsfrage der Lehrer trifft auf den weitverbreiteten Unmut der Pädagogen über ihre Bezahlung. Bundesweit sind etwa ein Drittel der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen nicht verbeamtet.

In Sachsen etwa gibt es gar keine verbeamteten LehrerInnen. Dort seien die meisten Lehrkräfte der Sekundarstufe I an Mittelschulen in die Entgeltgruppe 11 eingeordnet, sagte die GEW-Vorsitzende in Sachsen, Sabine Gerold, der taz. In einigen anderen Bundesländern hingegen bezahle man LehrerInnen in vergleichbarer Tätigkeit überwiegend nach der Entgeltgruppe 13.

400 Euro weniger

Das Einstiegsgehalt für LehrerInnen in der Entgeltgruppe 11 liegt bei 2.649 Euro brutto, in der Entgeltgruppe 13 hingegen bei 3.067 Euro brutto. Viele angestellte Lehrkräfte an Grundschulen in den neuen Bundesländern werden zudem noch erheblich niedriger eingeordnet, da sie ihre Ausbildung noch in der DDR nach den damals geltenden Richtlinien absolvierten.

Die Gewerkschaft GEW möchte für alle angestellten Lehrer mit akademischer Ausbildung und Vorbereitungszeit zumindest die Einordnung in die Entgeltgruppe 13 erreichen. Längerfristig sollen damit auch die Unterschiede in der Bezahlung zwischen Grundschullehrern und Gymnasiallehrern ausgeglichen werden, die einige hundert Euro im Monat betragen.

Wenig ändern kann die Gewerkschaft allerdings am regional unterschiedlichen Sold der verbeamteten Lehrer, der von den jeweiligen Bundesländern bestimmt wird. Nach einer Aufstellung der GEW bekommt eine 31-jährige verbeamtete Berufsanfängerin in einer Grundschule in Bayern rund 3.290 Euro an Sold, in Hamburg aber nur 2.823 Euro im Monat.

Die Gewerkschaften fordern in der Tarifrunde für die Länder neben der Erhöhung um 6,5 Prozent für zwölf Monate und der tariflichen Regelung der Lehrkräfte-Eingruppierung noch eine pauschale Erhöhung von monatlich 100 Euro für Auszubildende und den Erhalt der bisherigen Urlaubsansprüche von bis zu 30 Tagen im Jahr.

Zu der Tarifforderung erklärte der Vorstandsvorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), dies „überfordere“ die Länder. Schuldenabbau müsse „höchste Priorität“ haben. Am 14.Februar wird weiter verhandelt.

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3 Kommentare

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  • W
    wauz

    Sozialversicherungsbeiträge sind auch Lohn!

     

    Das Bismarck'sche System war darauf ausgelegt, einige grundsätzlich wichtige Dinge zwar einzuführen, aber dabei zu verschleiern. Krankenversicherung und Rentenversicherung dienen der Reproduktion der gesamten Arbeiterklasse (daher Mitabsicherung von Ehefrauen und Kindern). Das Wort Versicherung ist schon Teil der Verschleierung. es handelt sich von der Konstruktion schon her um Solidarkassen, Sozialumlagen, nicht um Versicherungen. Der zweite Teil der Verschleierung ist die Aufteilung des Kollektivlohnes in Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil.

    Wer also Löhne mit Beamtenbesoldung vergleichen will, muss also die Gesamtpersonalkosten für beide Beschäftigtengruppen ermitteln. Da ergibt sich ein Unsicherheitsfaktor durch die ungewisse Dauer der Bezahlung des Ruhegehaltes.

    Für die Beamten selbst ergibt sich ein Unsicherheitsfaktor aus der Tatsache, dass sie nicht vollumfänglich der Heilfürsorge unterliegen, sondern sich zu ungewissen Kosten privat bei echten Versicherungen absichern müssen. das wird zukünftig teurer, wenn die Bürger"versicherung" nicht kommt.

    Ein riesiger Nachteil für verbeamtete Lehrer ist, dass es wenig für sie geeignete Dienstposten außerhalb des Lehrbetriebs gibt. Einmal Lehrer = immer Lehrer. Angestellte Lehrer können ohne wesentliche Nachteile auch in den Sack hauen...

  • G
    Gewerkschaftler

    "Längerfristig sollen damit auch die Unterschiede in der Bezahlung zwischen Grundschullehrern und Gymnasiallehrern ausgeglichen werden"

     

    Vergessen wird dabei nicht nur, dass zwischen den beiden Ausbildungsgängen für Grundschullehrer und Gymnasialehrer erhebliche Unterschiede bestehen, u.a. in der Studiendauer. Auch die Anforderungen an die Lehrer, wie etwa Vorbereitungszeiten, Abiturprüfungen oder eine formalistisch nicht mehr zu überbietende Benotungsorgie in den Oberstufenklassen, sind nicht vergleichbar. Solange hier nicht die unterschiedlichen Leistungen, z.b. in Form reduzierter Stundenzahlen berücksichtigt wird, ist jede Gleichsetzung eine nicht hinzunehmende Ungerechtigkeit.

    Ich verstehe auch nicht, warum die GEW mit dieser Tarifpolitik auch noch ihre letzten Gewerkschaftsmitglieder aus den Reihen der Gymnasiallehrer vertreibt. Ähnliche einseitige Forderungen haben schon schon bei der Bahn (Lokführer), bei den Airlines oder auch in den Krankenhauser zu einer Spaltung der Arbeitnehmervertretungen geführt.

  • B
    brotfyrberlin

    Diese GEW ist doch echt ein witziger Verein!

    Grund- und Hauptschullehrer regen sich auf ein paar Kröten weniger zu verdienen als die verbeamtenden Kollegen. Ich lach mich schlapp. Die spielen ein wenig mit den Kinderchen und bekommen dafür 3000 Steine Plus minus X. Ist doch nicht zu fassen.

     

    Und ihr Lieben, die verbeamtenden Lehrer kosten den Arbeitgeber weniger als ein angestellter Kollege. Ob das irgendwann mal durchsickert?