Tarifstreit: Ab jetzt gibts wieder Knöllchen
Seit Freitag verhandeln Senat und Gewerkschaft Verdi erstmals über einen Tarifvertrag für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Wie es ausgeht, weiß noch keiner. Aber alle geben sich Mühe.
Verterter des Berliner Senats und der Gewerkschaften haben sich zu ersten offiziellen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst getroffen. Der Senat will über eine Einmalzahlung für 2008 und einen Sockelbetrag, der im Laufe des Jahres 2009 gezahlt werden soll, verhandeln. Der Sockelbetrag wäre ein für alle Beschäftigten gleich hoher Zuwachs beim Gehalt. In früheren Sondierungsgesprächen wurde keine Annäherung zwischen Senat und Gewerkschaften erzielt. Die Gewerkschaften verlangten ursprünglich 2,9 Prozent mehr Gehalt für alle. Der jetzt vom Senat angebotene Rahmen für Gehaltssteigerungen ist nach Meinung von Ver.di zu niedrig, um die 2,9 Prozent abzudecken, die bereits in anderen Bundesländern gezahlt werden. dpa
Der Anfang ist gemacht - nach monatelangen Tarifstreitigkeiten haben das Land Berlin als Arbeitgeber und die Gewerkschaften erstmals offizielle Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst aufgenommen. Treffen Nummer eins begann am Freitag nachmittag und war nach drei Stunden beendet. Weitere Treffen folgen.
Mit konkreten Ergebnissen haben beide Seiten schon vor Beginn nicht gerechnet: "Eine schnelle Lösung ist nicht zu erwarten", sagte der Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Andreas Splanemann. Im Hause des obersten Dienstherren und Innensenators Ehrhart Körting (SPD) denkt man optimistischer: "Die Verhandlungen werden sich vermutlich bis in die nächste Woche hineinziehen", sagte Körtings Sprecherin, Nicola Rothermel.
Seit eineinhalb Jahren versuchen Ver.di sowie die Gewerkschaften der Erzieher, Lehrer sowie der Polizei den Senat in Verhandlungen zu verwickeln - bis dato vergeblich. Dieser verwies stets auf die schlechte Haushaltslage und den so genannten Solidarpakt. Diesen schloss das Land 2003 mit den Gewerkschaften: Die 60.000 Angestellten und Arbeiter des Landes nahmen Lohneinbußen hin. Im Gegenzug verzichtete Berlin auf Kündigungen und verkürzte die Arbeitszeit. Der Pakt läuft bis 2010.
Nach mehreren erfolglosen Sondierungsgesprächen bliesen die Gewerkschaften im April zum unbefristeten Streik. Seitdem sind abwechselnd Bademeister, Feuerwehrleute, Erzieherinnen, Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Polizisten im Ausstand.
Nach Auskunft von Ver.di-Sprecher Splanemann, seien beide Seiten ernsthaft daran interessiert, den sozialen Frieden in der Stadt wieder herzustellen. "Wir gehen sehr zurückhaltend miteinander um, damit weitere Verhandlungen nicht gefährdet sind." Der defensive Verhandlungsstil kann aber auch dafür sorgen, dass sich Land und Gewerkschaften nur zögernd einem gemeinsamen Kern nähern.
Ver.di fordert 2,9 Prozent mehr Lohn und drei Einmalzahlungen in Höhe von 300 Euro. Dagegen will Körting den Beschäftigten nur einen Sockelbetrag von 50 Euro und zwei Einmahlzahlung im Wert von insgesamt 450 Euro zugestehen. Bei einem durchschnittlichen Einkommen von 2.500 Euro entsprächen 50 Euro jedoch lediglich einem Plus von zwei Prozent. Das ist Ver.di zuwenig. Die Preise stiegen allein 2007 um durchschnittlich 2,2 Prozent.
Ver.di will nicht ausschließen, dass weiter gestreikt wird. "Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass wir uns in der Friedenspflicht befinden", meinte Splanemann. Der Senat übt sich in Nachsicht: Sollte es zum Streik kommen, werde man auf rechtliche Schritte verzichten: "Wir wollen keine zusätzliche Eskalationsstufe schaffen", erklärte Rothermel.
Am Samstag will Ver.di zunächst die Nerven der SPD-Basis auf die Probe stellen, die sich zum Landesparteitag trifft. Die Gewerkschaft will ab halb acht auf der Matte stehen und die Delegierten empfangen, zusammen mit "Micks Washboard"- Dixieland Band.
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