Tarifstreit mit der Deutschen Bahn: GDL-Chef kündigt Protest an
Eine Einmalzahlung von 350 Euro? Claus Weselsky bezeichnet das Angebot der Bahn als Provokation – und versucht nun den Druck zu erhöhen.
DORTMUND afp | Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hat das Angebot der Bahn in den laufenden Tarifverhandlungen als „Provokation“ kritisiert und eine „große Protestaktion“ mit mehr als tausend Lokführern und Zugbegleitern angekündigt. Sie werde am kommenden Mittwoch in Fulda abgehalten, sagte Weselsky den Ruhr Nachrichten vom Freitag. „Wir schalten nicht sofort auf Streik um“, versicherte er.
Die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB) waren am Mittwoch nach der dritten Runde ergebnislos ausgesetzt worden. Der Konzern hatte erstmals ein Angebot vorgelegt, das eine Einmalzahlung in Höhe von 350 Euro für die rund 20.000 Lokführer für das zweite Halbjahr vorsah. Zugleich forderte die Bahn die GDL und die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) auf, gemeinsam Spielregeln für die Tarifverhandlungen festzulegen.
Hintergrund ist ein Machtkampf der Gewerkschaften um die Frage, welche von ihnen für welche Mitarbeitergruppe des Konzerns die Verhandlungen führen darf. Bisher war klar geregelt, dass die GDL für die rund 20.000 Lokführer verhandelt und die EVG für rund 140.000 weitere Angestellte. Die GDL will künftig aber das gesamte Zugpersonal vertreten, die EVG auch die Lokführer. Gespräche über eine Festlegung der Zuständigkeiten und ein mögliches Kooperationsabkommen waren am Montag gescheitert.
Weselsky sagte den Ruhr Nachrichten, die Bahn habe es abgelehnt, „mit uns über die Verbesserung von Einkommen, Arbeitszeiten und die Reduzierung der Überstunden“ zu verhandeln. Die 350 Euro Einmalzahlung, die auf dem Tisch gelegen hätten, verbunden mit der „zwanghaften Fortsetzung“ von Kooperationsverhandlungen mit der EVG „nenne ich eine Provokation“. Die Bahn habe den Lokomotivführern „den Kampf angesagt“.
Einmalzahlung als Lohnerhöhung
Die Bahn wies dies zurück. Nach ihren Angaben bedeuten die 350 Euro Einmalzahlung 1,9 Prozent mehr Geld für Lokführer. Statt über Zusammenarbeit und Lohnverbesserungen zu verhandeln, liefere sich die GDL-Spitze lieber einen unnötigen Streit um Macht und Einfluss mit ihrer Konkurrenz-Gewerkschaft, sagte eine Sprecherin. „Das ist daneben.“
DB und EVG hatten der GDL die Schuld an den geplatzten Kooperationsverhandlungen gegeben. Weselsky verteidigte die Position seiner Gewerkschaft:„Was die Bahn vorschlägt, ist eine Zwangsjacke, die die GDL entmachten soll“, sagte er der Zeitung.
Die GDL sehe Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bei einer Reihe von Konzerntarifverträgen, etwa beim Wechsel von einem Bahn-Unternehmen zum anderen, bei einem einheitlichen Zahltag oder einheitlichen Kündigungsfristen. „Wir halten es aber nicht für notwendig, uns von der EVG erklären zu lassen, ob die Lokomotivführer verbesserte Arbeitszeiten oder ein verbessertes Entgelt bekommen.“
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