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Tarifrunde bei der BVGEin kaltheißer Winter

In der anstehenden BVG-Tarifrunde stellt Verdi hohe Forderungen und droht mit Streiks. Das Unternehmen will dazu lieber noch nichts sagen.

Unterkühlt könnte auch das Klima in den anstehenden Tarifverhandlungen werden Foto: IMAGO / Sabine Gudath

Berlin taz | Vor den Tarifverhandlungen für ihre Beschäftigten und angesichts der Gehaltsforderungen der Gewerkschaft Verdi hält sich die BVG bedeckt. Die Verkehrsbetriebe teilen in einer ersten Stellungnahme am Freitag lediglich mit, man setzte auf „faire Tarifverhandlungen und konstruktive Gespräche am Verhandlungstisch, mit dem Ziel eines guten Tarifabschlusses für die Mitarbeitenden und das Unternehmen“.

Die Verhandlungsrunde zwischen der Gewerkschaft und dem Kommunalen Arbeitgeberverband in Vertretung der BVG beginnt mit einem ersten Gespräch am kommenden Mittwoch – dann sollen wie üblich die jeweiligen Positionen ausgetauscht und die Rahmenbedingungen für die weiteren Verhandlungstermine besprochen werden. Besonders harmonisch dürfte es dabei nicht zugehen, denn Verdi hat die Latte vier Jahre nach dem letzten Entgelttarifabschluss sehr hoch gelegt.

750 Euro mehr Lohn im Monat sowie ein 13. Monatsgehalt stehen auf dem Wunschzettel der Gewerkschaft, dazu eine Fahrdienstzulage in Höhe von 300 Euro sowie 200 Euro Schichtzulage. Man meine das ernst und sei „auf alles eingestellt, bis hin zum Erzwingungsstreik“, so Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt. Die Gewerkschaft begründet die Forderungen insbesondere mit der hohen Inflation in den vergangenen Jahren.

Auch die Bereitschaft zum Arbeitskampf ist da – schon im Januar könnte es erste Warnstreiks geben. Diese würden allerdings mit 24 Stunden Vorlauf angekündigt, hieß es. Die Fahrgäste sollen also nicht völlig kalt erwischt werden.

Lohnforderungen versus Sparprogramm

Die vermeintlich utopischen Forderungen erscheinen in einem anderen Licht, wenn man sich das Gehaltsniveau der BVG-Beschäftigten ansieht: So liegt der sogenannte Berliner Medianlohn – also das mittlere Bruttoeinkommen – derzeit bei 3.875 Euro. Das Einstiegsgehalt eines BVG-Busfahrers fällt da mit aktuell 2.806 Euro deutlich bescheidener aus.

Nicht so gut passen die Lohnforderungen freilich zu den schmerzhaften Einsparungen, die die schwarz-rote Koalition gerade beschlossen hat: Die BVG soll mit jährlich rund 100 Millionen Euro weniger auskommen.

Der taz sagte eine Sprecherin der Finanzsenatsverwaltung kürzlich, dass in den Mitteln für die Verkehrsbetriebe zwar „eine gewisse Summe für Ta­rif­an­pas­sun­gen eingeplant“ sei. Da die BVG als Anstalt des öffentlichen Rechts selbstständig wirtschafte, könne von einer grundsätzlichen Übernahme der Kostensteigerungen durch den Senat aber nicht die Rede sein.

„Tiefe Krise“

Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Antje Kapek, nannte am Freitag „die Forderungen nach besseren Löhnen und fairen Bedingungen berechtigt und dringend notwendig, um die BVG wieder handlungs- und konkurrenzfähig zu machen“. Das landeseigene Unternehmen stecke in einer „tiefen Krise“, die „im deutschlandweiten Vergleich niedrigsten Löhne“ verstärkten die Personalnot.

Dabei, so Kapek, trage der Senat eine Mitverantwortung, denn die Haushaltskürzungen gefährdeten das Angebot für Bus und Bahn massiv. Statt Sparpolitik brauche es Investitionen und „ein klares Signal: Der Nahverkehr ist das Rückgrat einer funktionierenden Stadt und muss gestärkt werden.“

Erst im vergangenen April hatten BVG und Verdi nach monatelangen Verhandlungen und etlichen Streiktagen einen neuen Manteltarifvertrag abgeschlossen, der bessere Arbeitsbedingungen für die 14.000 BVG-Beschäftigten und ihre knapp 2.000 KollegInnen bei der Tochterfirma BT festlegt.

Die Zahl der Urlaubstage für EinsteigerInnen wurde ebenso wie das Urlaubsgeld erhöht, auch wurden die unbezahlten Pausenzeiten für FahrerInnen reduziert. In einem von Verdis wichtigsten Punkten – deutlich längere „Wendezeiten“ für das Fahrpersonal an den Endhaltestellen – blieb das Ergebnis dagegen weit hinter den Forderungen zurück.

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