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TarifkonfliktStreikende besuchen Sozis

Seit 50 Tagen streiken von der Öffentlichkeit unbemerkt die Angestellten des Madsack-Verlags Service-Center in Hannover. Nun streikten sie auch in Hamburg

Arbeit im Callcenter: Madsack-Mitarbeiter streiken für einen Haustarifvertrag. Bild: dpa

HAMBURG taz | In Konflikten wird schnell deutlich, welche negativen Einflüsse es hat, wenn in einer Region ein Verlag das Zeitungsmonopol hält. Ungeachtet medialer Öffentlichkeit befinden sich seit September die Mitarbeiterinnen des „Kunden und Service Center“ der hannoverschen Mediengruppe Madsack (KSC) im Arbeitskampf. Die Gewerkschaft Ver.di fordert nach 13 Jahren Lohnstagnation einen Haustarifvertrag für die rund 80 Beschäftigten.

„Wir streiken fast jeden Tag“, sagt KSC-Streikleiter Till Kaltenecker. Berichtet wurde über den Konflikt in den Madsack-Zeitungen nicht. Den 50. Streiktag begingen die KSC-Mitarbeiterinnen dann am Donnerstag trotz Orkan „Xaver“ in Hamburg als Manifestation ihrer Forderung vor dem Hamburger Sitz des Mitgesellschafters DDVG.

Denn die DDVG – die Deutsche Druck und Verlagsgesellschaft – hält als Gesellschafter 23,1 Prozent der Anteile an der Madsack-Gruppe. Die DDVG ist eine sozialdemokratische Beteiligungs-Holding für Verlage. Sie gehört zu 100 Prozent der SPD. Zuletzt sorgte sie für Schlagzeilen, als sie zusammen mit dem Kölner Verlagshaus M. DuMont Schauberg die Frankfurter Rundschau in die Insolvenz schlittern ließ.

Vorreiter Madsack

Die Mediengruppe Madsack ist ein Konzern mit Sitz in Hannover, dessen Kerngeschäft die Herausgabe regionaler Tageszeitungen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen ist.

Mit der Agenda "Madsack 2018" kündigt der Konzern an, dass alle Bereiche tariffrei werden und eine Zentralredaktion "Netzwerk Deutschland" aufgebaut werde, die alle Regional-Zeitungen mit überregionalen Nachrichten versorgt.

Die Wurzeln der "Deutschen Druck- und Verlags-Gesellschaft" liegen in der Weimarer Republik, als die SPD noch Zeitungen gründete, um der Arbeiterbewegung Gehör zu verschaffen.

Und auch in diesem Konflikt verhalten sich die Sozis eher als Kapitalisten, denn als arbeitnehmerfreundliche Genossen. In einem Brief wirbt DDVG-Geschäftsführer Jens Berendsen um Verständnis, dass Madsack in Zeiten der Zeitungskrise alle Gewinne als Reserven zurückhalten müsse, um sie in die Zukunft der Unternehmensgruppe zu investieren. Offen droht er damit, dass Madsack das KSC schließen und dass ein anderes Call-Center die Aufgaben übernehmen könnte.

„Wir erwarten von den sozialdemokratischen Minderheitsgesellschaftern, dass sie ihre Stimme für Tarifverhandlungen erheben“, sagt Lutz Kokemüller vom Ver.di-Fachbereich Medien in Niedersachsen. „Bisher stehen sie auf der Seite der Verweigerer.“ Doch auch der Besuch einer Delegation in der DDVG-Geschäftsstelle in der Hamburger Deichstraße am Donnerstag brachte kein Einlenken. „Sie haben sich alles freundlich angehört, aber keinerlei Zusagen gegeben, zu intervenieren“, sagt Streikleiter Kaltenecker der taz.

Der Servicebereich war vor 13 Jahren von Madsack als 100-prozentige Tochterfirma in die KSC GmbH & Co. KG outgesourct worden. Sie war zunächst für die Kunden-, Anzeigen- und Abonnenten-Betreuung der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung sowie der Neuen Presse zuständig. Inzwischen sind unter anderem die Hildesheimer Allgemeine Zeitung, das Göttinger Tageblatt, die Schaumburger Nachrichten und die Kieler Nachrichten sowie mehrere niedersächsische Anzeigenblätter dazugekommen. Das KSC ist laut Ver.di-Sekretär Kokemüller nicht mit einem „klassischen Call-Center“ vergleichbar, da die zu leistenden Tätigkeiten „deutlich anspruchsvoller, komplexer und umfangreicher“ seien.

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